Donnerstag, 28. Februar 2013

Gesundheitspläne Teil 1 - Sing mir das Lied vom Budget ...

Es gibt weltberühmte Arien in Opern. Den Gefangenenchor, die Arie der Königin der Nacht ... viele Stücke haben es zu Weltruhm in den Opernhäusern der Welt geschafft. Viele davon mag ich sehr gerne. Sie beruhigen mich, ändern die Perspektive und man bewundert die Stimmgewalt, mit der sie gesungen werden.

Eine weitere tolle Arie ist das Lied vom Budget. Es wird, so scheint es, immer dann angestimmt, wenn Ärzte irgendwie in der Klemme sitzen oder wenig Lust auf Diskussionen haben. Dann wird die Killerphrase ausgepackt und über dem Elend des Budget die Jammerarie angestimmt ... Glaubt man den Statistiken einiger GKV's, so werden 0,2-,05% des Budgets in Praxen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen. Geht man davon aus, dass wir in Bayern 24000 niedergelassene Ärzte haben, ist das echt richtig viel. Oder?

Glaubt man den Ärzten, sind die Kassen schuld. Die Prüfungskommission, die aus Mitgliedern der Kassen selbst und Mitgliedern der Ärzteschaft zusammengesetzt ist und gewissen Randbedingungen unterliegt, ist ja so gemein. Sie heben mahnend den Zeigefinger und fragen nach, wenn ein Arzt ein Budget empfindlich über den Durchschnitt geschossen hat. Dann darf der Arzt sich zurückziehen und begründen. Ein Umstand, der sicherlich aufwendig und lästig ist, aber auch durchaus in meinen Augen schon Sinn macht, denn bezahlt wird aus einem Topf und somit darf man auch nachfragen. Dass es dabei sinnvoll in der Gestaltung sein muss, setze ich voraus.

Ist der Patient in der Situation der Bedürftigkeit, weil er einfach etwas benötigt, was ihm hilft, kann es passieren, dass er auf Granit beißt und erfolglos wieder verabschiedet wird. Denn dann wird das Klagelied angestimmt, das die meisten Patienten auch kennen:

Inhalt: Die Kassen schrumpfen die Praxen trotz riesiger Rücklagereserven klein, die Ärzte müssen das natürlich auf die Patienten umlegen und sie quasi tot sparen.

Im Refrain ist zu hören, wie gemein das System ist, dass man am liebsten schließen möchte und Elend wie Not von nicht ahnbarer Größe sind, denn die Ärzte wollen auch leben.

Am Ende des Liedes ist zu hören, dass es eine Situation ist, die man bedauert, aber die gewünschte Therapie, die man als Patient benötigt und die wirklich helfen würde, nicht möglich ist.

Dann wird noch einmal der Refrain angestimmt und man darf gehen. Ohne Verordnung und obwohl man doch mit einer Erkrankung unterwegs ist, die eigentlich im Ausnahmekatalog steht. Man geht nicht zum Vergnügen zum Physiotherapeuten oder seinen Kollegen,  sondern weil man weiß, dass man damit den Bewegungsapparat wieder fit macht, beweglicher wird und so auch wieder agiler und im Endeffekt auch wieder gesünder.

Gesunderhaltung steht aber scheinbar nicht mehr auf dem Plan. Der Patient mutiert, sofern er es sich leisten kann, zum Selbstzahler.

Gerecht ist das nicht. Und ich erlebe es derzeit immer wieder. Sobald ich das Sprechzimmer betrete, wird sich schnell noch eingesungen, bevor wir über eine Langzeitverordnung diskutieren, die ich dann nicht bekomme.

Wir singen eine dramatische Weise. Ich das Lied vom Patienten, der keine Wunder erwartet, sondern aktive Hilfe und Unterstützung möchte und zunehmend frustriert ist. Er donnert im sonoren Bass seine Budgetklage entgegen. Und wenn ich mich dann flötend darüber wundere, dass es doch nicht unbedingt an der Häufigkeit der Prüfungen liegen könne und man doch eine Begründung gleich nach Verordnung ins Karteikärtchen eintragen könne, donnert es gleich noch viel schlimmer.Das ist nicht nur bei einem Doc so, sondern bei einigen. Und es ist nicht meine alleinige Erfahrung, sondern auch die von vielen, wie ich so in letzter Zeit immer wieder höre.

Das Ganze ist ein Dilemma mit großem Rahmen. Und wenn ich mir die Meinungen anhöre, weiß ich, dass die Wahrheit irgendwo zwischen diesen ganzen Arien und dramaturgisch sorgfältig vorgetragenen Nöten verborgen liegt.

Helfen tut das keinem. Die intransparente Situation ist unangenehm und verbreitet extrem schlechte Stimmung. Bei Ärzten, den Sprechern der GKVs und bei uns Patienten, auf deren Rücken die Nummer letztlich ausgetragen wird, indem man eben keine Verordnungen mehr rausgibt und auf Mitleid macht.

Dieses System macht krank. Nicht gesund. Es muss verständlich werden für alle, es müssen Regelungen her, die wir alle einsehen können, um einen gleichen Informationsstand zu erreichen. Damit Ärzte, Kassen, Patienten und alle, die von so einer Erkrankung betroffen sind, gemeinsam am Ziel arbeiten können, den aktuellen Zustand zu erhalten und zu fördern und nach Krankheitsereignissen wieder fitter zu werden. Ist doch eigentlich nicht so schwierig. Wer also hat diese Oper geschrieben, die immer mehr zur Tragödie wird und in der viele Charaktere schon lange vergessen haben, worum es eigentlich geht. Nämlich um mehr, als um 10 hart erdiskutierte Massagen, die gerade mal dann wirken würden, wenn es keine Massage mehr gibt ... Oder so.

Im nächsten Teil: Die Arie vom Gesetz ...

2 Kommentare:

  1. Ich habe mich neulich auch gefragt, seit wann wir bei Krankheiten keine Medikamente mehr erhalten OHNE sie selbst zu bezahlen (und ich rede nicht von Erkältung und Co!), zum Glück gibt es Online-Apotheken, da kann man wenigstens noch ein paar Euros sparen.
    Als chronisch behandlungsbedüftiger Patient muss das ein Albtraum sein....(aber aus- und inländische Banken und stinkreiche Manager retten, wir haben es ja).

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  2. Sabine, das Problem sehe ich auch in Patienten, die einfach nicht die Kohle haben, um sich das zu leisten, was den Gesundheitsstatus fördern oder wenigstens erhalten würde. Dabei wird in den Medien auch kommuniziert, dass wir fette Überschüsse in den Töpfen der Kassen haben. Das macht das Problem nicht verständlicher finde ich.

    LG
    Birgit

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