Montag, 4. August 2014

Es geht mir auf den Keks ....

Sagen wir es so, ich bin genervt. Und neidisch. Gar gelb vor Neid wältzt sich mein Schweinehund auf dem Sofa und ist verärgert. Dat Fräulein Trulla stampft energisch mit dem orthopädisch wertvollen Schuhwerk zickig auf und selbst das sonst so festbetonierte Löckchen wackelt zickig auf ihrem Haupt.

Ich muss einfach mal richtig abmosern. Und das darf ich auch mal.

Viele Erkrankungen sind heute heilbar. Somit können viele Patienten wieder gesund werden. Ich nicht.

Ich muss mein Leben lang mit Trulla unter einem Dach hausen, ihre Launen ertragen und oft genug denke ich mir schon auch, dass es nicht immer nett ist nicht zu wissen, was die Zukunft in gesundheitlicher Hinsicht bringt. Klar bin ich  (Klopf auf Holz) seit einiger Zeit schon schubfrei und habe, dank vernünftiger Lebensführung und guter Ärzte meine Situation und die kleinen Zipperlein, die einen mit MS so erwischen können wie Fatigue oder auch ab und an Schmerzen, im Griff. Ich bin dankbar dafür, dass es so ist, wie es ist. Aber wann der nächste Schub kommen könnte (so Gott will, bleibt er aus, was auch sein kann) und welche Funktionen dann beeinträchtigt sind, das weiß keiner. Und einschätzen kann man es auch nicht.

Und dann? Höre ich, wie es denen, die therapierbar sind, die sich auf dem Weg zum gesunden Status bewegen können, doch übel geht. Bewegungslos liegen sie in der Kuhle und jammern.

Neulich wieder. Großes Katzengejammer. Oh wie ist mir malad.Was hast du? Da, etwas Heilbares. Und? Was tust du? Oh mir ist ja so blümerant. Ja, was tust du um gesund zu werden? Ach, ich muss mich erst einmal vom Kranksein erholen, bevor ich loslegen kann, gesund zu werden.

Hallo? Ich hüpfe im Geiste mit Elan auf die nächste Palme, versucht, mit Kokosnüssen in Gemeinheitsform zu werfen und gut zu treffen, verkneife es mir aber. Weils nix bringt.

Am liebsten würde ich in solchen Situationen manchmal losplärren .Ob klar ist, was eigentlich der Status ist. Aber es ist sinnlos, das zu tun, das habe ich mittlerweile auch kapiert. Dennoch, mir stinkts halt auch manchmal.

Wer mich kennt, der weiß, dass mich so leicht nichts aus den Pumps kippt und dass ich sehr gut mit Fräulein Trulla lebe. Dass ich die meisten unsere Zickenkriege gewinne, wißt Ihr auch. Ich mag mein Leben und bin zufrieden, es geht mir trotz oder wegen MS gut. Und wer mich sehr gut kennt, der weiß, dass ich Optimistin aus Leidenschaft bin und mittlerweile meine Aufregquote was dumme MS Sprüche betrifft, extrem niedrig geworden ist.

Aber, wenn mir jemand erzählt, dass er heilbar krank ist, rumjammert in der Endlosschleife, weil es ihm ja sooooooo hundsgemein schlecht geht und dann aber nicht in der Lage ist, den Hintern aus der Kuhle zu manövrieren und etwas dafür zu tun, um gesund zu werden, eine der vorliegenden Lösungen und Möglichkeiten anzunehmen und umzusetzen, da gibt es ab einem bestimmten Punkt den Punkt, an dem ich sauer werde.

Ein wenig jammern ist ok, ein wenig im Selbstmitleid suhlen ist auch ok, sich selbst ein wenig zu verhätscheln, ja gerne, das darf man und das soll man, man muss ja auch der Seele gut tun. Aber sich über Wochen in die Rolle der kränkelnden Superdiva zu begeben, sich selbst und die eigene Umgebung mit der eigentlich gut therapierbaren Erkrankung krank zu machen, das geht gar nicht.

Und das hat mich für einen Moment sauer und neidisch gemacht. Sauer, weil ich mir denke, da geht noch was und keiner machts und ich muss mir das anhören und bin am Ende ein wenig neidisch, weil diese heilbaren Erkrankungen den Weg zur kompletten Gesundung zulassen. Ein Weg, der mir versperrt ist und den ich manchmal auch gerne hätte ....

So, das musste mal raus. :-)

Jetzt gehts mir besser. Wie geht es Euch so mit denen, die heilbar sind und gar nicht zu erkennen scheinen, dass das doch die bessere Variante vom Kranksein ist?

Liebe Grüße
Birgit

2 Kommentare:

  1. Kenn ich, geht mir auch manchmal so. kann ich gut nachvollziehen. Gute Text, habe ich gerne gelesen! Eine "Leidensgenossin"

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  2. Oh wie ich dich verstehe. Ich hasse es auch, wenn Menschen z.B. aus einer Erkältung ein riesiges Ding machen und sich so wehleidig geben und von jedem Mitleid bekommen wollen. Ich lasse mir nie etwas anmerken wenn es mir wegen der MS schlecht geht oder wegen anderer kleinen Krankheiten, weil ich es mit mir selber klären will und das auch so gut hinbekomme. Ich mag anderen Menschen kein Mitleid wegen "nichts" schenken ... ich habe mit mir selber zu tun.

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