Sonntag, 16. Dezember 2018

Zeit und Zeitoasen .... Zum 3. Advent ....




"Ich hab jetzt keine Zeit!"

Wie oft sagen wir das so? Oder "Ich sollte, aber eigentlich fehlt mir die Zeit!"

Nicht selten ist das so mit einem Seufzen verbunden weil eigentlich möchte man viel lieber in Ruhe aufs Sofa oder ins Bett oder einfach auf einen ruhigen Spaziergang. Eben Dinge, die gut tun, die entspannen.

Die Zeitfrage kann aber auch anders interpretiert werden. Mit der Frage, die sich viele stellen, wenn man so ne Diagnose wie MS bekommt. "Wie viel Zeit bleibt mir?"
In den letzten Jahren habe ich das von denen oft gehört, die gerade die Diagnose erhalten hatten. Sie dachten über die Zeit bis zum Rolli nach oder auch wie viel Lebenszeit sie noch haben würden.

Ehrlich gesagt, das hab ich mich auch gefragt. Ich will nicht sagen, dass ich das Rätsel geknackt habe, ich glaube, davon bin ich weit entfernt, aber ich bin schlauer als vor fast 14 Jahren.

MS ist bis heute nicht heilbar und verläuft bei jedem anders. Multiple Sklerose wird nicht umsonst die Erkrankung der 1000 Gesichter genannt.
Was die Lebenserwartung mit MS betrifft, wissen wir heute, dass diese nicht recht viel kürzer ist, als bei anderen Menschen, kanadische Studien haben ergeben, dass Frauen mit MS ca. 79 Jahre alt werden, Männer 74 Jahre. So die Studie von kanadischen Forschern. Dabei ist aber die individuelle Geschichte ebenso ein wichtiger Faktor, wie die Lebensumstände und viele andere Faktoren mehr. Eine Prognose für Menschen mit MS gibt es nicht wirklich, gerade was den Verlauf der Erkrankung betrifft. Allerdings kann man auch sagen, dass uns die Forschung immer mehr Erkenntnisse bringt und wer weiß, was noch kommt.

Wer nachlesen mag, kann das hier tun, bitte den Link kopieren und in neues Browserfenster einsetzen: https://www.chirurgie-portal.de/neurologie/multiple-sklerose/lebenserwartung-multiple-sklerose.html

Und doch. Die Zeit. Sie eilt. Wenn ich mir das Jahr so ansehe, war das eines, das rasant war. Und nicht immer einfach. Oft fehlte mir die Zeit. Für mich selbst. Für meine Familie. Für Dinge, die ich gerne mache. Qualitätszeit eben. Ich hätte sie mir sicher nehmen können, aber ich hatte keine Zeit. Oder meinte, keine Zeit zu haben. Rückblickend war das eine falsche Annahme, muss ich zugeben.

Seit ich aber mit MS lebe, ist die Zeitfrage dennoch etwas, was mich beschäftigt. Es geht mir nicht darum, wie viel Zeit ich noch habe, sondern wie ich sie nutze. Ich bin bewusster geworden und kritischer, was den Umgang mit meiner Zeit betrifft. Oft stelle ich mir die Frage, wie viel Zeit ich mit jemandem verbringen möchte, ohne mich unwohl zu fühlen. Oder wie viel Zeit, respektive Geduld ich noch in Menschen investieren möchte, die eigentlich nur schlechte Energie mitbringen und als Energievampiere meine Energie absaugen?

Oder wie viel Zeit ich mit Diskussionen verbringen möchte, die zum xten Mal aufgewärmt und wiedergekäut werden müssen. Die Antwort: Keine. Bringt die Fakten auf den Tisch, wägt ab, entscheidet und legt los. Oft sind diese endlosen wiedergekäuten Diskussionen Zeiträuber, die mir meine Qualitätszeit rauben oder ein Projekt zum Stillstand bringen. Und diese Zeit habe ich tatsächlich nicht. Ehrlich gesagt, ich will sie auch nicht haben.

Über die Jahre hin bin ich pragmatischer geworden, effizienter. Die MS hat mich ein Stück weit dazu gezwungen, mich gut zu organisieren, somit auch genügend Pausen zu haben, gut im Job zu sein und damit am Ende eine gute Portion Spaß und Erholung übrig bleibt.  Oft wirke ich sehr beschäftigt, was ich auch bin, aber ich habe immer einen Plan, der im Hintergrund läuft. Unsichtbar für andere, aber wichtig für mich, damit mein Leben und das mit der MS klappt.
Es gibt ja so Menschen, die glauben, mir sagen zu müssen, wie beschäftigt oder nicht ich bin. Nicht selten versuchen sie, zu entscheiden, wie ich mit meiner Zeit zu verfahren habe. Auch keine gute Lösung, weil diese Entscheidung ist immer noch meine. Und die treffe ich. Sonst keiner. Auch wenn andere damit nicht immer mit diesen Entscheidungen einverstanden sind oder versuchen, für uns zu entscheiden, wie beschäftigt wir sind.

Zeit ist ein kostbares Gut. Für jeden von uns. Es ist unsere Zeit und die sollte man für wertvolle Momente nutzen, solche, die man aufbewahrt für schlechte Zeiten. Und für Menschen, Projekte und Dinge, die einem wichtig sind. Es geht darum, sich einen Moment Zeit zu nehmen, um zu verweilen, zu sehen, was da am Wegesrand liegt und auch um neue Perspektiven zu gewinnen. Ja, geht nicht immer, aber man sollte zusehen, es so oft wie möglich zu tun.

Vor einigen Wochen habe ich wieder ganz bewusst angefangen, wieder Zeitoasen in meine Tage einzubauen. Für Pausen, für Momente mit Genuss, für mich. Ich habe den Kalender für einen Moment auf die Seite gelegt und überlege mir, wie ich die Zeit im nächsten Jahr noch nutzen will ausser für das, was ich tue, weil das mag ich. Aber ab und an, so mein Gefühl, könnte ich sie besser nutzen, sinnvoller. Und daran arbeite ich.



In der Zwischenzeit genieße ich die Adventszeit. Meine Geschenke sind alle da, ich werd mir die Zeit nehmen, sie hübsch zu verpacken. Die Deko sieht hübsch aus und ich nehme mir die Zeit für Plätzchen, ein Buch und vieles mehr. Alles, was eben gut tut. Entgegen dem allgemeinen Stress wird es langsam wirklich ruhiger und ich genieße das.

Was macht Ihr mit Eurer Zeit?

Einen schönen 3. Advent!



Text: Birgit Bauer
Bilder: Pixabay.com

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