Dienstag, 10. November 2020

Die Wartelistenstory!

Update vom 3.12.2020: Man will es nicht glauben, es kam Impfstoff an. Zufällig erfuhr ich das beim Routineanruf in der Praxis, den ich mittlerweile wöchentlich machte, um herauszufinden, wo es klemmt und wann etwas kommt. Und auf einmal ging alles ganz schnell, innerhalb von zwei Stunden bekam ich einen Impftermin. Von den Behörden und zuständigen Ministern bekam ich bis heute keine Reaktion, auch auf die offizielle Anfrage als Journalistin kam nichts. Was ich schade finde, denn die Kommunikation solcher Dinge wäre wichtig, ebenso wie Aufklärung und Unterstützung, wenn man schon die Bevölkerung ermahnt sich impfen zu lassen.  


Reden wir über die Grippeimpfung. Und ich bin äußerst verdrießlich in der Sache unterwegs, daher kann es bissig werden. 
Mir ist bewusst, dass es viele gibt, die sie schon haben, sie planen und solche, die dagegen sind. Diese Diskussion will ich hier gar nicht aufreißen, denn es ist eine, die wir noch ewig haben werden, denke ich. Daher, keine Impfdiskussion bitte.  

Mir geht es um den Umstand, dass man bereit ist, etwas zu tun und es nicht kann, obwohl von den zuständigen Behörden und Ministerien beworben und empfohlen wird. Nur, dass man auf Wartelisten landet. 


Lange habe ich überlegt, ob ich mich gegen Grippe impfen lassen soll. Ja, ich höre den Aufschrei vieler. 

Bisher kam ich gut durch und ich war unsicher und ich habs nicht so mit gepieckst werden, wenn ich ehrlich bin. Allerdings lerne ich dazu. Von Freunden und von der Zeit in der wir leben. Von den Umständen. Und ich höre zu und bilde mir eine Meinung. Und beschließe ab und an, dem Leichtsinn nicht nachzugeben, sondern mache das dann auch einfach. 


Also habe ich schon vor einer Weile beschlossen, dem Aufruf vom 14,10.2020 von Gesundheitsminister Jens Spahn, zu folgen. 

Seine Botschaft war klar: Bitte lasst euch gegen Grippe impfen, besonders wenn ihr Risikogruppe seid, älter oder auch mit chronischen Erkrankungen lebt. Und es gäbe keine Engpässe, erwähnte Herr Spahn im Interview. Es könne höchstens zu lokalen Engpässen kommen. Wie lange die dauern könnten, wurde aber nicht erwähnt. Nun, um der Sache ein wenig voraus zu eilen, es kann schon mal länger dauern, die Sache mit dem Engpass, sag ich Euch. 

Quelle Tagesschau, Interview mit Minister Spahn Stand 14.10.2020

Mit MS ist das so eine Sache, kriegt man Influenza, kann das unschön werden, ich hatte in den letzten Jahren fiese Erkältungen und das hat mir eigentlich schon gereicht, also wird jetzt geimpft. Das war meine Entscheidung. 

Ich kontaktierte also meinen Hausarzt, den ich nach über einer Woche tatsächlich ans Rohr bekam. Der Mann ist ziemlich beliebt und viele Menschen scheinen derzeit bei ihm anzurufen und ihn zu brauchen. Leider fehlt es an digitalen Angeboten, wie einer Videosprechstunde, was die Sache vielleicht erleichtern könnte, aber so drängeln wir uns wohl alle in der Leitung und hoffen, jemanden zu erreichen. 

Irgendwann hatte ich Glück und erwischte eine sehr freundliche Helferin, die mir die Frage nach der Impfung beantwortet hat: 

Ich: Kann ich mich bitte gegen Grippe impfen lassen? (Ich ging nach den Aussagen des Gesundheitsministers davon aus, dass ich jetzt einen Termin bekomme, hingehe, Nadel rein und fertig.) 

Sagt die freundliche Helferin: Tut mir leid nein.

Ich etwas erstaunt: Was ist der Grund?

Sagt die freundliche Helferin: Wir haben keinen Impfstoff. 

Ich: Aber der Herr Spahn sagt, es wäre genug da und ich habe MS, gehöre somit in die Gruppe derer, die geimpft werden sollen. 

Die freundliche Helferin seufzend: Ich weiß, aber wir bekommen nur sporadisch etwas von dem Impfstoff geliefert. Was ich tun kann, ist sie auf die Warteliste setzen. 

Ich: Warteliste? Ich bin chronisch krank, sorry wenn ich mich wiederhole. 

Die freundliche Helferin: Ich habe das verstanden, auf unserer Liste stehen nur Menschen mit chronischen Erkrankungen und Menschen mit höherem Risiko. Normale Gesunde haben wir lange schon von der Liste genommen weil es nie reicht. Wir können nur dann impfen, wenn etwas kommt. Und ab und an werden uns 50 Impfdosen zur Verfügung gestellt. Dann telefonieren wir die nächsten 50 auf der Liste ab und impfen. Aber wie lange das jetzt dauert, weiß ich nicht. Der Nachschub kommt unregelmäßig.

Also ließ ich mich auf die Warteliste setzen. Und warte seitdem. Auf die Impfung. Die so wichtig ist. Sagt Herr Spahn. Und weil ich es für mich wichtig finde. Weil ich MS hab und nicht noch was haben möchte. Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wirbt immer wieder mit dem Thema, hier am 21. Oktober. 


Allerdings: wie kann ich mich impfen lassen, wenn es keinen Impfstoff gibt? 

Ich warte jetzt schon eine ganze Weile. Und wann denn dann soviel Nachschub ankommen wird, dass ich auch was abkriege, ist nicht absehbar. Obwohl die Aussage steht: Wir haben genug für alle, auch wenn nicht sofort alles verfügbar ist. 

Schön! Und jetzt? Ich warte. Und das ist schade, es ist genauer gesagt, ziemlich verdrießlich, weil man etwas machen soll, was sicherlich sinnvoll ist. Die Aussagen sind auch klar: Wir haben genug.

Und doch steht am Ende eine Warteliste. 

Wie das zusammenpasst, ist mir bisher noch ein Rätsel wenn ich ehrlich bin. Wenn es denn genügend Impfstoff gibt, müsste es auch ein System geben, das sicherstellt, dass Ärzte regelmäßig und bedarfsgerecht beliefert werden, egal ob sie auf dem Land sitzen oder mitten in der Großstadt. Und selbst wenn es immer wieder Probleme in der Verfügbarkeit geben sollte, dann muss man das sagen und das nicht auf die Ärzte abwälzen. Nicht einfach aufrufen und die Menschen enttäuschen. Mit Wartelisten und gestressten Assistentinnen, die ja erst mal nichts für die Misere können. Mich interessiert brennend, wo der Flaschenhals in dieser Geschichte ist. Leider hat mir das keiner richtig erläutern können. 

Wenn Impfen so wichtig ist, müsste es doch im Interesse der Behörden sein, dass man Ärzte zuverlässig und zeitnah bedient, genügend Dosen produzieren lässt und verfügbar macht. Besonders wenn man die Bürger zur Impfung aufruft. 

Das würde Vertrauen schaffen und Ärzte entlasten. Denn sie haben es mit uns, denen von der Warteliste zu tun, die immer wieder Zeit beanspruchen, die bei anderen besser aufgehoben wäre, die kränker sind zum Beispiel. Das Reklamationsmanagement für etwas zu übernehmen, was andere offenbar nicht gut im Griff haben, ist nicht Job eines Arztes und auch nicht der seiner Helferin. 

Oder? Wo wir doch genügend Impfstoff haben. Sagt der Herr Gesundheitsminister. 




Bild: Pixabay.com

Text: Birgit Bauer Manufaktur für Antworten UG 

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