Mittwoch, 9. Juli 2014

Das große Ganze!

Manchmal schaue ich Arztserien. Früher war ER (Emergency Room) mein Favorit, heute ist es ab und an Greys Anatomy. Nicht immer finde ich sie spannend, manchmal schalte ich einfach über diese Serien hinweg und ab und an sehe ich mir die Folgen komplett an.

In einer Folge und fragt mich bitte nicht, welche es war, sagte Miranda Bailey M.D. in einem wirklich haarigen Fall etwas, das mich neulich einholte, als es um die Fokussierung eines Patienten in einer kompletten Behandlungsnummer ging. Sie stand da, konzentrierte sich und verharrte einen Moment und meinte dann sinngemäß, man müsse sich auf das große Ganze konzentrieren, alles, was da passiert. Gemeint war der Patient.


Irgendwie habe ich mir diese Passage gemerkt und als es in einer Diskussion auf einer Veranstaltung darum ging,wie viel "Mehr" der Patient braucht, wenn es darum geht, ihm zu helfen, erinnerte ich mich wieder.

Nur eine Pille reicht schon lange nicht mehr. Das ist mittlerweile bekannt. Denn: Patienten müssen leben können. Mit ihren chronischen Erkrankungen und auch mit den damit verbundenen Nebeneffekten, die man halt so hat. Bei MS ist es Fatigue, mögliche Bewegungseinschränkungen, Dauerkribbeln, die Auswahl ist groß. :-)

Und Patienten, das wird gerne vergessen, möchten das Leben auch genießen können. Trotz oder gerade wegen der vielen Einschränkungen und Faktoren, die ein normales Leben beeinflussen.
Weil sie ja auch irgendwie dennoch normal leben müssen. Arbeiten, Haushalt schmeißen, Verpflichtungen nachkommen.

Ich hatte selbst bei einem Therapieversuch mein Problem, dass ich nach Verabreichung vier von sieben Tagen krank war und unter heftigen Nebenwirkungen irgendwie überlebte. Das ist nicht nett. Vor allem war es nach Absetzen der Therapie echt schwierig, wieder auf Touren zu kommen und mich wieder wohl zu fühlen. Unterstützt wurde ich dabei nicht. Es hieß nur, ich solle mir Ruhe gönnen. Dass vielleicht Krankengymnastik oder andere therapeutische Maßnahmen oder andere gute Tipps mir geholfen hätten, diese Zeit zu überstehen, das blieb außen vor. Bauer krank, Therapie abgesetzt, Haken dran. Und tschüß.

Geht so gar nicht.

Das mit dem Service rund um eine Therapie ist aber offensichtlich auch nicht so einfach. Es gibt zahlreiche Apps, Zusatzprogramme und mehr, die angeboten werden. Es gibt zahlreiche Bemühungen, dazu herauszufinden, was jetzt wirklich unterstützt und was nicht.

Das große Ganze also der Patient, braucht vernünftige Angebote und Services. Denn wir wollen unser Leben leben können, genießen, Spaß haben und mit einer Krankheit so wenig Lebensqualität wie möglich verlieren oder sie uns zurückholen, wenn wir in MS Schüben steckten. Ich finde, wir haben ein Recht auf Lebensqualität und deren Erhaltung oder wenigstens das Bemühen, sie annähernd zu erhalten.

Es reicht nicht, einfach mal eben dort anzusetzen, wo akute Probleme auftreten, sondern umfassend zu arbeiten, transparent zu informieren und gemeinsam mit dem Patienten Entscheidungen zu treffen, die wirklich effektiv sind.

Beim Auto macht man das ja auch nicht. Beim Kundendienst wird alles gecheckt und baut man ein Ersatzteil ein oder ein zusätzliches Feature, dann checkt man doch auch, ob das gut tut oder nicht. Dem lieben Autochen. Oder?

Der Vergleich brachte alle zum Lachen, aber sie stimmten mir auch zu. Es ist schwierig für die vielen Beteiligungen, die in so einer Diskussion stecken. Patienten fordern ein, Ärzte müssen sich oft umstellen, weil auch sie an ihren "Services" arbeiten müssen und die Pharmaindustrie ist neben der wichtigen Forschung auch darin gefordert, zu ihren Produkten umfassendere Angebote oder Zusatzleistungen zu entwickeln.

Die Diskussion ist bis heute nicht beendet, aber ich finde, dass Patienten wirklich als das große Ganze betrachtet werden müssen, damit bestmögliche Lösungen gefunden werden können, die Patienten ein gutes Leben ermöglichen und Ärzten einen guten Spielrahmen dafür geben, etwas für den Patienten zu tun.

Was denkt Ihr, was wichtig für Patienten ist? Welche Zusatzangebote findet ihr gut? Informationen, Kurse, etwas, das die Therapie unterstützt, Ernährungsberatung oder auch ein Sportangebot? Wo müsste man ansetzen, dass der Patient rundum gut betreut ist? Was wäre Mehrwert?

Übrigens, Eure Wünsche und Ideen nehme ich gerne mit. Ich bin eingeladen zur Value Added Services Summit nach London im September. Dieses Format lernte ich bereits im letzten Jahr kennen, da war ich als Speaker in einer Diskussionsrunde beteiligt und war erstaunt über das Interesse an den Ideen, die wir Patienten in die Runde brachten.

In diesem Jahr bin ich als Journalistin dort und werde alle Fragen mitnehmen und mir Antworten holen. Die Diskussion ist am Laufen und ich kann die Bemühungen, sich auf den Patienten mehr und mehr auszurichten nur begrüßen. Letztlich betrifft es uns ja direkt.

Was denkt Ihr?

Viele Grüße
Birgit

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