Montag, 11. Dezember 2017

Dann suchen Sie sich doch einen anderen Arzt ....

Kennt Ihr diesen Werbespot in dem zwei Kinder Supermarkt spielen?

Der kleine Junge beschwert sich über die Preise der "Supermarktverkäuferin" - süße kleine Göre übrigens - und was macht sie? Man sieht förmlich den Ärger in der Kleinen hochsteigen, sie holt tief Luft und schreit: "Dann geh doch zu .....!!!"

Man ist amüsiert oder? Klar, geh ich halt zum nächsten Supermarkt, wenn mir die Preise oder das Sortiment im einen Geschäft nicht zusagt. Ist auch easy, in den meisten Städten und Orten ist das auch einfach, es gibt ja einige Lokalitäten, die Dinge für das Alltägliche anbieten. Sprich: Es gibt Auswahl. Man kann entscheiden wo man hin geht.

Als ich vor einiger Zeit einen Vortrag darüber hielt, wie wichtig Informationen für Patienten sind und auch darüber berichtet habe, wie schwierig es oft für Patienten ist, die richtigen Ärzte zu finden, weil das "Verhältnis" eben auch stimmen muss, bekam ich gut Gegenwind vom Publikum.



Ein Publikum, das aus Ärzten bestand. Ein Teil davon war durchaus wenig darüber amüsiert, dass Patienten sich zusätzlich informieren und das auch einfordern. Übrigens, ein Umstand, den wir spätestens seit einer Studie von Bertelsmann aus dem Jahr 2016 kennen, die besagt und -wieder einmal- bestätigt, dass Ärzte informierte Patienten als durchaus kritisch betrachten. Bis heute. Leider. (Hier gehts zur Studie) 

Ich hörte von vollem Vertrauen zum Arzt, von wenig Bildung auf Patientenseite und derlei und dachte mir: Wieso darf ich mich nicht selbst informieren? Wie kann jemand, der meinen Bildungsstand nicht kennt, behaupten, ich hätte zu wenig Bildung? Mich zu informieren heißt ja nicht, dass ich nicht vertraue, aber ich will entscheiden, was gemacht wird und dafür muss ich schon auch wissen, was mit meiner Erkrankung in meinem Körper mit mir passiert. Etwas in der Art sagte ich auch, aber ob es ankam .... nun.

Das Spezielle ist doch: Es ist mein Körper. Meine Gesundheit.  Meine Entscheidung. 
Denn: Die Konsequenzen einer Entscheidung trage ich. Und genau deshalb will ich gute Infos und mitreden.

Dass das nicht jeder Arzt mitmacht, ist mir klar, dazu habe ich schon genug mit oder vor Ärzten gesprochen. Nicht jeder ist begeistert davon, dass Patienten sich tatsächlich eine eigene Meinung bilden möchten. Die  fangen nämlich an Fragen zu stellen. Oft auch solche, die unbequem oder nicht angebracht sind und: Man braucht mehr Zeit. Für Aufklärung und Erklärung. Und die ist nicht immer da. Was ich durchaus auch wieder verstehe. Eine Zwickmühle. Eine über die wir an anderer Stelle noch reden ok? Weil hier können wir Patienten mithelfen und darüber gibts einen separaten Blogpost.

Als ich also auch darüber berichtete, dass ich vor einiger Zeit einem meiner Ärzte erst einmal das mit den Langzeitverordnungen für Physiotherapie erklären musste und damit auch seine ewige Klage an die Wirtschaftlichkeitsprüfung und etwaige Regressforderungen ausräumte, ging es los.
Man muss dazu sagen, diese Wirtschaftlichkeitsprüfung ist für mich als Patientin mit chronischer Erkrankung und dem damit verbundenen IC D10 Code  gar nicht relevant. Bedeutet der IC D10 Code doch, dass ich  mit MS gar nicht in diese Fälle gehöre sondern mit einer korrekt ausgefüllten Verordnung außer Budget rangiere. Bis heute verstehe ich nicht wirklich, wieso ich dem Arzt das Vorgehen für sowas erklären muss. Das ist eigentlich sein Job, aber in Zeiten, in denen die Vorgaben verwirrend sind, verstehe ich das und helfe ja gerne. Mit Informationen. Ich weiß schließlich, wo ich sie finde. Ich ja informiert. ;-) Ups! :-)

Die Reaktion: Zuerst ein Monolog über die vielen verwaltenden Vorgänge, mit denen das Dasein des Mediziners verbunden ist und dass sich die Regeln ständig ändern und am Ende die Ansage:

Wenn der nicht das macht, was er soll suchen Sie sich doch einen anderen Arzt!

Ja, nö klar, dachte ich mir im Stillen. Ärzte, die gut drauf sind und Patienten wirklich als Menschen und gleichwertigen Partner sehen, wachsen auf den Bäumen. Oder wie Supermärkte in den Städten. Und schon hatte ich das kleine empörte Mädchen aus dem Spot vor mir. Ich musste schmunzeln und frage mich seit dem schon auch, ob der eine oder andere Mediziner noch weiß, was man als Person, die mit einer Erkrankung lebt, so erlebt, erfährt und ab und an auch aushalten muss. Da in diesem Leben mit einer chronischen, nicht heilbaren Erkrankung und den damit verbundenen großen und kleinen Zipperlein.

Es ist für Patienten nicht so einfach, gerade in ländlichen Gebieten mal eben schnell den Arzt zu wechseln. Es tut sich das eine oder andere Problem auf: Ärzte, die wirklich gut sind, sind gut besucht und haben entweder lange Wartezeiten für Termine oder aber sie nehmen gar keinen Patienten mehr an.
Zum anderen, wenn man kein Auto hat, braucht man öffentliche Verkehrsmittel und das ist auch so eine Frage. Auf dem Land sind die Fahrpläne mit langen Wartezeiten ausgelegt, in der Stadt geht es vielleicht schneller, aber sitzt man im Rolli oder ist auf Hilfe angewiesen, wirds auch wieder zum Problem. Nicht immer sind Zugänge zu Bahnhöfen oder Haltestellen oder auch in Busse barrierefrei oder mit kurzen Wegen verbunden.

Und überhaupt, so gesehen, auch Patienten haben jede Menge Aufwand mit ihrer Erkrankung. Auch für uns ändern sich oft Regeln oder Bestimmungen, die jetzt vielleicht nicht direkt mit ärztlicher Beratung verbunden sind, sondern andere Lebensbereiche betreffen. Und das ist oft etwas, was wir neben dem eigentlichen Job managen müssen. Ich sag nur: Zweitjob Patient.

So gesehen: Ein Arzt muss mich einbeziehen, verstehen und auch eine Frage beantworten. Ich möchte, dass der Arzt ein "Nein" von mir akzeptiert, wenn ich eine Therapie ablehne oder eine Untersuchung nicht machen will. Und ich möchte lückenlos informiert werden, mit Risiken, Nebenwirkungen, guten Effekten. Als ich letztens das hörte: man könne diverse Umstände nicht mit dem Patienten diskutieren, weil er es sowieso nicht versteht und das zu viel Zeit in Anspruch nähme. Nun .... mir gruselte ...

Ich schätze den Dialog und eine Begegnung auf einer Augenhöhe. Kurz, es ist eine Frage des gegenseitigen Respekts.



Und wenn der nicht da ist, mache ich es wie das kleine Mädchen aus der Werbung:


Wenn ich Ihnen nicht gut genug bin, suchen Sie sich doch andere Patienten. 



Wie seht Ihr das: Was ist Euch im Umgang mit Euren Ärzten wichtig? Auf was legt Ihr Wert wenn es um den Besuch beim Doc geht? 

Ich bin gespannt!

Birgit



Bilder: pixabay.com
Text: Birgit Bauer 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen