Donnerstag, 6. Dezember 2018

Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung .... 3.12. Ein Kommentar!

Am 3. Dezember war der internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Inklusion schwappt an allen Ecken und Enden hoch, es wird berichtet und gesprochen. An diesem Tag. Und ehrlich gesagt, ich musste echt heftig drüber nachdenken, ob ich das alles so gut finde, was da so berichtet wird. Und ich habe auch lange darüber nachgedacht, die Vorgänge zu kommentieren. Aber ich tus einfach. Weil ich es wichtig finde, über Inklusion nachzudenken und vielleicht auch zu diskutieren.

Wenn ich mir ansehe, was so in den Medien war, komme ich ins Grübeln. Nicht, dass ich alles für schlecht heiße, aber so einige Dinge haben mir weniger gefallen. Zum Beispiel, dass wir immer wieder darauf hinweisen müssen, dass Behinderung keineswegs ein Makel ist. Oder dass Menschen im Rolli gerne übersehen werden. Oder dass wir uns mit MS immer anhören müssen, dass wir ja nicht krank aussehen und viele Dinge mehr. Eigentlich ist es doch nicht die körperliche Einschränkung, die uns behindert. Behinderung findet häufig in den Köpfen der Menschen statt. Etwas, das mich traurig macht. Weil es auch anders ginge.



Zugegeben, die Zeiten sind schnell und wir sind alle extrem beschäftigt.  Deshalb parkte neulich auch der Geschäftsmann (very busy you know) auf dem Behindertenparkplatz neben dem Supermarkteingang. Als ich ihn darauf angesprochen habe meinte er nur, Behinderte wären ohnehin nicht unterwegs und ich solle mich nicht so anstellen. Worauf ich meinen Behindertenausweis zückte.

"Wie, keine Behinderten unterwegs?"

Ein rascher Farbwechsel im Gesicht des Herren, eine schlagende Autotüre und quietschende Reifen waren die Antwort. Zugegeben, ich habe lange nicht das Recht, auf den Parkplätzen zu parken, mir fehlt die Kennzahl. Das macht aber nichts, das ist absolut ok. Ich kann laufen und bin der Meinung, dass es immer noch jemanden gibt, der den Parkplatz wirklich braucht.

Aber das Verhalten des Typen behindert. Jemand, der wirklich kurze Wege braucht, wird davon abgeschnitten, behindert, sich diese zu verschaffen. Obwohl es eine klare Regel gibt. Eine, die vom Supermarktchef übrigens auch nicht unbedingt klar umgesetzt wird. Er will keine Kunden vergraulen. Sagt er. Und zeigt auch, wo die Denke so steht. An mancher Ecke.

Übrigens: wer den Link in ein neues Browserfenster kopiert, der kann nachlesen, wie das mit Parken auf Behindertenparkplätzen genau ist: https://www.bussgeldkatalog.org/halten-parken/behindertenparkplatz/

Zurück zum Thema: Auf der anderen Seite sah ich auch eine Menge wunderbarer Berichte in Zeitungen, Fernsehsendungen und im Netz. Sie sollten auf die Menschen mit Behinderungen aufmerksam machen, darüber informieren, wie die Situation ist und Bewusstsein dafür generieren. Farbenprächtig und mit vielen Bildern. Ich begrüße die Aktionen und die kreativen Versuche, aufmerksam zu machen. Zu sensibilisieren. Das ist wichtig.

Aber! Viele von den gezeigten Personen  waren oft auch Menschen, die sozial gut da stehen, die gut versorgt sind oder werden. Sie wurden als Vorbild beschrieben. Solche, die sich gut auf Pressebildern machen.  Und da scheiden sich die Geister. Also meiner von den anderen.
Sind diese Menschen wirklich repräsentativ? 

Nicht falsch verstehen, ich gönne jedem sein gutes Leben und auch mit gutem Leben kann eine Behinderung oder das Leben mit einer Erkrankung schwierig sein.
Aber an Tagen, an denen wir über die Probleme und Missstände sprechen, die Menschen mit Behinderung haben, frage ich mich, wie viel glänzende Vorbilder dafür tun, diese Missstände auszuräumen. Ich habe schon so oft in verschiedenen Gremien aber auch durch Post, die mich hier erreicht, erfahren und gehört wie schwierig das Leben mit einer chronischen Erkrankung wie MS und / oder einer Behinderung sein kann. Wie gemein, isolierend und behindernd.

Viele finden keinen Job, weil sie behindert oder chronisch krank sind und fristen ein Leben an der Existenzgrenze. Ich habe selbst erlebt, wenn man als "Risiko" bezeichnet wird, nur weil man MS hat und Absagen genau deswegen bekommt. Das behindert. Das streicht jede Chance aus dem Leben. Und nicht jeder hat Plan B. Viele dieser Menschen leben von einer kargen frühen Berentung und sind oft auf einem finanziellem Niveau, das nur wenig oder keinen Spielraum für soziales Leben oder bessere Pflege zulässt. Denn krank sein oder auch leben mit einem Handicap bedeutet meist auch, dass man mehr Geld braucht. Nicht selten auch für eine gute Lebensqualität und viele von diesen Menschen sind weit davon entfernt.

Diese Menschen sind häufig  sozial isoliert. Sie können nicht am sozialen Leben teilnehmen, müssen knapsen, um überhaupt über die Runden zu kommen und am Ende des Monats noch eine vernünftige Mahlzeit auf den Tisch zu bekommen. Einfach mal einen Kaffee auswärts trinken, ein Museum oder das Kino zu besuchen ist nicht drin. Etwas, was auch nicht gesund ist. Leben mit chronischen Erkrankungen und / oder Behinderungen ist schwierig, oft belastend. Es kostet Geld, Mühe und ist für viele nicht selten mit Verzicht und Sorgen verbunden.

Wenn wir also über den internationalen Tag mit Behinderung sprechen, geht es für mich nicht nur um die Vorzeigebilder, sondern besonders um die, die jeden Tag irgendwie kämpfen müssen, um mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung zu überleben. Irgendwie. Und davon gibt es jede Menge.

Darüber sollten wir auch nachdenken. Und nicht nur an einem dafür eingerichteten Tag. Sondern viel öfter.

Birgit


Text: Birgit Bauer
Bild: Pixabay.com



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