Dienstag, 15. Januar 2019

Essen, Duschen, Schlafen .... wenn die Batterie leer ist oder Fatigue!

Es gibt in meinem Leben diese Tage. Sie sind voll, ereignisreich, schnell und nicht selten super anstrengend.Wenn ich dann am Abend quasi fertig habe, liegt sogar das Fräulein Trulla so erschöpft in der Ecke und ich habe dann nur drei Grundbedürfnisse:

Essen. Duschen. Schlafen.



Kein Dialog, kein Reden und schon gar keine schweren Fragen oder mein Strickzeug. Und wenn ich das schon mal nicht mehr in die Hand nehme, sondern nur noch vor mit hin starre und im Stillen überlege, wie ich das Bündel Körper jetzt am besten zum Bett bewege, heißt das was.

Batterie ist leer. Ich muss in die Ladeschale. Also ins Bett.

Erschöpfung ist bei uns, die wir mit MS haben, ein großes Thema.

Wer MS hat, ist oft schneller durch und erschöpft.
Oftmals reicht es noch für den Weg zu einem Sofa, dem Bett oder einem Stuhl. Mehr aber auch nicht. Die Batterie hat quasi einen kleinen Defekt. Rund 95% so die Daten von NTC (Neuro Trans Data Concept) kennen die geistige wie körperliche Erschöpfung die man auch im Fachjargon "Fatigue" nennt.
(Link bitte kopieren und in neues Browserfenster einfügen: https://neurotransconcept.com/infos.aspx?id=impulse&article=y-2012.i-03.p-006 )

Hat man sie, ist klar dass da erst mal gar nix mehr geht.



Bei mir tritt diese Erschöpfung auf, wenn ich gestresst und genervt bin, wenn ich mich anstrengen muss und zu lange keine Pause hatte. Wenn es im Sommer heiß wird oder ich heiß laufe, weil ich mal erkältet bin und Fieber bekomme oder schnöde vom Sport, passiert es mir häufiger, dass ich Fatigue habe. Sie tritt meist am Nachmittag auf und dauert eine ganze Weile. In solchen Fällen schaltet mein Gehirn auf eine Art Notbetrieb und oft bleibt nichts als es im wahrsten Sinne des Wortes auszusitzen.
Es kann auch passieren, wenn ich mich überfordert fühle. Zuviel Menschen,  Eindrücke oder Lärm können dazu beitragen, dass ich diesen Zustand stärker verspüre.

Eine andere Sache ist meine Stimmung. Wenn ich nicht ausgeglichen bin, schlechte Laune habe oder, das ist jetzt mehr ein Frauenthema, meine Tage, kann die Fatigue schon mal öfter auftreten. Das mit den Tagen ist übrigens nicht wirklich gut bewiesen, einer meiner Ex- Neurologen hat es als Mummpitz bezeichnet, aber ich merke schon wie es mir geht und ich notiere mir solche Sachen in meiner Tagebuch App für MS. Und wenn ich mir dieses Tagebuch ansehe, dann erkenne ich da ein gewisses System.

Die Frage ist, was man tun kann.

Sport:

Zum einen ist bewiesen, dass Sport der Fatigue entgegen wirkt. Vor allem Ausdauersport hilft, so die Mediziner. Also Schwimmen, Nordic Walking oder Radfahren falls das geht, können helfen. Wie gesagt, es geht nicht um Superheldenleistung, sondern um Ausdauer. Und da ist es egal, wie viel man wie schnell schafft, sondern um kontinuierliches Training. Wichtig, so finde ich, ist es  darauf zu achten, dass man den Sport im Rahmen der eigenen Leistungsfähigkeit ausübt und nach und nach die Grenzen ausdehnt. Das mache ich im Moment mit meinem Crosstrainer. Ich habe bei den ersten Malen bei 1,5 km aufgehört, weil ich nicht mehr konnte und schaffe jetzt schon über 3,5 Kilometer auf dieselbe Zeit. Und ich merke sehr wohl, dass ich damit nicht nur meinen Bewegungsapparat damit auf Trab bringe und mein Herz-Kreislauf-System, sondern auch gegen Fatigue etwas mache.



Essen:

Ein anderer Punkt ist das Essen. Man muss sagen: Diäten können MS nicht heilen. Das ist so. Aber man kann sich das Leben mit MS durchaus leichter machen.
Jetzt bin ich wohl nach eigener Einschätzung ziemlich verfressen und irgendwie, so denke ich, nicht wirklich für das Thema geeignet. Aber ich versuche das mal.

Essen wird bei MS heiß diskutiert und mein Eindruck ist, dass es soviel Ernährungsformen gibt wie es Menschen mit MS gibt. Ich bin ein Genießer und mag bewusstes Essen sehr und ernähre mich gemischt, weil es mir so gut geht damit. Meine Lebensmittel kommen so oft wie möglich aus der Region und ich versuche saisonal zu essen. Also keine Erdbeeren im Winter oder Spargel vor April. Und ja ich gebe zu, ich esse auch mal einen Burger, aber keinen aus dem Fast Food Restaurant. Und Pizza gibt es auch ab und an, wie auch Schokolade. Ich habe über die Zeit bemerkt, dass ich das auch mal darf und esse eine gesunde Mischung von allem.

Bekannt ist auch, dass tierische Fette eine Entzündung fördern können, also ist das "Weglassen" vom einen oder anderen Schnitzel durchaus sinnvoll.

Es gibt allerdings Essen, das ist so schwer, dass schon "gesunde" Menschen so ihre Probleme haben und müde werden.   So ein deftiger Sonntagsbraten ist lecker. So mit Knödel. Oder? Macht aber müde. Weil der Körper echt beschäftigt ist, das alles zu verarbeiten.
Leichte Kost hingegen kann dazu beitragen, diese Anstrengungen zu reduzieren. Also mehr Gemüse und Salat, Obst und derlei. Es gibt jede Menge Tipps da draussen auch von vielen anderen Menschen mit MS, die gut erklären, was ihnen gut tut.

Nutzt man Google mit "Ernährung und MS" gibt es einige interessante Links auf der ersten Seite, bei denen auch Blogs von Menschen mit MS wie der  Blog von Heike Führ "Multiple Arts". http://multiple-arts.com/low-carb-ernahrung/ (Link kopieren und in neues Browserfenster bauen)

Schaut einfach rein und wichtig: Schaut aufs Datum der Beiträge und seid durchaus auch mal ein bisschen kritisch. OK?

Pausenzeiten:



Ich weiß, so eine Pause ist oft nicht in jedem Job möglich. Aber man sollte das anstreben.

Als ich die Diagnose erhielt, machte ich quasi pausenlos weiter und habe mir damit nichts Gutes getan. Weil ich für den Rest meines Lebens aufgrund der Erschöpfung schlicht nicht mehr da war. Und das ist nicht gut. Für keinen. Übrigens auch nicht für unsere Angehörigen und Familien, die hätten, denke ich, auch gerne ein Stück von uns. ;-)

Über die Jahre habe ich gelernt, dass es wichtig ist, das Pausenlose mit Pausen zu füllen. Also sich bewusst zurück zu ziehen, einen Powernap hinzulegen oder auch kleine Oasen in den Tag zu bauen, in dem ich eine Tasse Kaffee oder Tee trinke oder auch bei schönem Wetter einen Spaziergang mache. Alternativ lese ich einige Seiten in einem guten Buch oder stricke einige Runden, das entspannt mich auch. Es ist oft eine Viertelstunde, aber eine die hilft, im Job bei der Sache zu bleiben und das mit der Fatigue besser in den Griff zu kriegen.


Das ist am Anfang echt hart, weil man meint, man wäre ja unkaputtbar, weil man ja mit der MS ganz gut klar kommt. Aber vergesst das. Hört auf euren Körper und macht Pause. Übrigens, das ist auch etwas, was man mit dem Chef besprechen kann. Oder soll. Denn das Argument "Ich bin dann wieder leistungsfähiger", ist eines, das zählt und wenn eine kurze Pause mehr dazu führt, dass man seinen Job gut macht, kann das nicht so heftig oder unverständlich sein.

Es ist auch das berühmte "Nein". Darüber habe ich schon viel geschrieben. Es ist mein bester Freund. Wir neigen oft dazu, neben dem Job und dem Alltag noch mehr zu tun als wir eigentlich vertragen. Weil ein Freund fragt oder weil wir im Verein engagiert sind. Geht aber auch nicht immer. Ist enttäuschend, ich weiß. Aber oft ist ein "Nein" die bessere Lösung um den Körper an Grenzen zu treiben, die er nicht braucht.

Und wenn ihr Nein sagen müsst, macht es doch so: Sucht euch jemand, den ihr dazu bringen könnt, der helfen kann. Dann ist das Nein abgemildert und ihr habt trotzdem geholfen.

Bewusst sein! 

Man muss sich selbst bewusst sein. Ein bisschen Selbstliebe darf es sein, sogar mehr. Das hat jetzt nichts mit Egoismus zu tun, aber wer lernt, sich klar darüber zu werden, was einem gut tut oder nicht, lebt bewusster. Für sich selbst. Ihr könnt es auch Selbstfürsorge nennen und die ist auch egoistisch. Zudem, eine gesunde Portion Egoismus schadet keinem.

Auch etwas, was man lernen muss. Oft sind die Konventionen da anders gepolt, aber sich selbst gut zu tun bedeutet am Ende auch, den Angehörigen gut zu tun. Weil man dann eben mehr kann und sich die Zeit nehmen kann, schöne Momente gemeinsam zu genießen und das wollen wir doch alle oder?



So gesehen: 

Es wird nicht gehen ohne den Hintern hochzukriegen und etwas anzupacken. Das kostet Kraft. Ich weiß. Aber wer sich um sich kümmert, der kümmert sich auch um diejenigen, die einem nahe sind. Und Angehörige können das auch lernen. Das weiß ich von Herzblatt, der schon lange die Zeichen deuten kann und mittlerweile auch dazu steht, wenn wir mal nicht zu einer Veranstaltung kommen und uns frei nehmen. Er sagt dann immer: Wir haben heute MS und wir lassen es uns zu zweit gut gehen. Und er kann damit wunderbar leben, weil er auch weiß, dass ich etwas mache und dran bleibe und es genügend Tage gibt, wo auch was klappt.

Es ist am Ende oft die Zusammenarbeit, die uns mit MS aus der Kuhle kommen lässt und die anderen dazu bringt, mit uns gehen zu können. Wenn Ihr mit Eurem Arzt gut klar kommt, auch mit dem Hausarzt, dann sprecht ruhig auch die Mediziner darauf an, es gibt für schwierige Situationen auch Lösungsvorschläge von ihnen, übrigens, wer eine Nurse hat, kann sich auch da sicherlich den einen oder anderen guten Tipp holen.

Wenn also die Fatigue zu sehr zuschlägt, es gibt Wege und Lösungen. Aber wollen muss man schon.

Wer hat noch Tipps in Sachen Fatigue?

Liebe Grüße
Birgit



Bilder: Pixabay.com
Text: Birgit Bauer

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