Dienstag, 8. Januar 2019

Vorsatzschaulaufen und Erwartungen ...



In den letzten Wochen startete das große Vorsatzschaulaufen. Überall hörte, las oder sah man von Diäten, Geld sparen und mehr. Was man sich halt so vornimmt. Oft wurde ich angesprochen, in Interviews oder Blogposts über meine Vorsätze und Erwartungen an 2019 zu sprechen.
Ich solle Beispiele sagen, wie man mit MS noch Erwartungen haben könne und welche Herausforderungen ich im neuen Jahr angehe. Das Problem war allerdings, ich habe keine Vorsätze oder Erwartungen.

Alle waren enttäuscht, weil ich mich dem Vorsatzschaulaufen so gar nicht anschließen wollte. Ich war ziemlich genervt von der Sachen, denn ich bin der Meinung, dass doch jeder selbst wissen muss, was er möchte, sich vornimmt oder plant. Stecke ich in den Schuhen der anderen? Nein. Und auch nicht in deren Leben.


Wir wissen alle, dass man gerne mit Volldampf losrennt. Hoch motiviert und die frohe Botschaft vor sich hertragend, dass man spart, abnimmt, eine Angewohntheit aus der täglichen Routine streicht und vieles mehr. Wie oft ist man im Februar des neuen Vorsatzes schon müde? Weil zuviel Zeit drauf geht, nicht in den Plan passt und man keine Lust hat und eine Ausnahme braucht? Einmalig, weil man sich nicht fühlt oder so. Und wie schnell wird aus der Ausnahme die Regel und der Vorsatz verpufft?

Als ich 2005 genau um diese Zeit meinen ersten Schub, der auch als solcher erkannt wurde, hatte und daraufhin die Diagnose kam, war ohnehin alles anders. Das war eine Sache von 100 auf 0 in zwei Worten: Multiple Sklerose.
Fräulein Trulla zog ein und schmiß alles über den Haufen. Alles war auf einmal anders. Trulla machte ihren Job wirklich gut.
Allerdings: Wir taten das auch, arrangierten uns mit ihr und änderten unsere Pläne. Ich glaube, dass wir das von Anfang an gemeinsam machten, hat vieles positiv beeinflusst. Wir haben uns gemeinsam auf das zunächst bedrohlich wirkende Neue eingelassen.

Anfänglich hatte ich weder Vorsätze, noch erwartete ich besondere Dinge. Außer denen, die man im ersten Moment im eigenen Horrorfilm so hat. Die von Rolli und Co.

Heute ist das anders. Es heißt immer, dass man nie auslernt und das ging auch mir so. Irgendwann habe ich verstanden, dass es weiter geht, dass es mir möglich war, Träume zu haben und etwas machen zu können. Eines, was ich sofort strich war das Vorsatzschaulaufen. In meiner Vorstellung geht ein Vorsatz bis heute nicht MS konform. Trulla ist nicht berechenbar. Deshalb habe ich das Spiel umgedreht. Ich lasse das Jahr einfach kommen. Begrüße es freundlich und dann sehen wir, was da so passiert. Zwischen den Tagen befasse ich mich mit dem was war und lasse mich von Dingen die passiert sind inspirieren. Aber ich nehme mir nie vor, etwas zu tun, nur weil das neue Jahr da ist. Es gefällt mir besser etwas zu verändern, wenn es eben nötig ist. Egal welcher Zeitpunkt das dann sein mag.


Ein Beispiel? Mein Ziel ist es, langfristig fitter zu werden, dafür trainiere ich regelmäßig auf meinem Crosstrainer. Eine Entscheidung, die ich im letzten Herbst getroffen habe. Die nötig war, weil ich bemerkte, dass da was gehörig falsch lief. Ich habe diese Entscheidung aber völlig frei von Vorsätzen getroffen, sondern aus der Situation heraus. Sie war nötig und sinnvoll. Ohne Zeitvorgabe und Neujahrsdruck. Ich nehme mir die Zeit und kümmere mich um mich und darum, dass ich besser zu Fuß bin. Leben mit MS heißt für mich auch, Geduld mit mir zu haben. Was nicht heißt, dass ich für mich jede Ausrede, den Crosstrainer nicht aufzusuchen durchgehen lasse. Eine Sache, die ab und an zu wildem Gerangel mit dem Schweinehund führt.

Ich glaube, die MS hat mich in dieser Hinsicht verändert. Weniger erwarten und ab und an mehr abwarten. Noch einen Tee trinken und in Ruhe umsehen. Damit habe ich es weiter gebracht als vor der MS. Ich glaube, der Spruch, dass man etwas oder jemand aussitzen kann, stimmt schon. Über die Jahre habe ich mich irgendwie frei geschwommen und bin glücklich und zufrieden geworden. Gelassener und entspannter in vielen Dingen. Nicht allen, ich kann mich bis heute noch so richtig aufregen, aber ich teils mir anders ein, wäge ab, ob der Aufregen wirklich die Kraft wert ist oder ob ich ihn einfach vom Tisch wische und eine pragmatische Ansage mache und mich abwende.

Wie seht Ihr das? Vorsatzschaulaufen oder etwas zu tun, wenn es eben nötig ist und langfristige Visionen umsetzen? Oder findet Ihr Vorsätze total gut und spannend? Kann ja auch sein, dass das für Euch super passt.

Neugierig,
Birgit



Bilder: Pixabay.com
Text: Birgit Bauer






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