Freitag, 15. März 2019

Meine MS Helden oder DAS Team!

Depressionen- eines der Symptome bei MS, die keiner sieht, das aber viele Menschen mit MS erleben. Eine Depression tritt fast bei jedem zweiten Menschen mit MS auf und kann sich in verschiedenen Phasen äußern.Die Symptome reichen zum Beispiel von Schuldgefühlen, Interesselosigkeit bis zu MS typischen Symptomen wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen oder Erschöpfung.

Auch ich habs quasi im Trullapaket gehabt. Besonders am Anfang meines Lebens mit MS war das ein Problem, an dem ich irgendwie nur schwer vorbei kam. Ehrlich gesagt, kapierte ich zuerst nicht was da überhaupt abging. Ich konnte dieses Gefühl nicht beschreiben oder zuordnen.

Ich konnte ja nicht mal meine Diagnose oder die MS beschreiben. Für die, die um einen herum sind, ist das schwer einzuschätzen. Sie sehen einen von außen und während man mit sich, dem Leben  hadert, sich einigelt, haben sie kaum eine Chance zu helfen oder etwas für einen zu tun.


Die Ratlosigkeit in Herzblatts Augen, wenn ich eine depressive Episode erlebe, ist schlimm. Helfen kann ich ihm auch nicht, ich bin mit mir selbst zu beschäftigt. Und seine Versuche, mich irgendwie aus diesem Tunnel ohne Licht zu reißen, sind lieb gemeint, aber nicht wirklich hilfreich. Er lädt mich zum Essen ein, versucht mich abzulenken und alles kommt von Herzen, aber es ist nicht immer hilfreich. Was schade ist für ihn. Besonders am Anfang war das immer wieder ein Konflikt. Für ihn und für mich. Beide hatten wir dem anderen gegenüber ein schlechtes Gewissen. Aber so richtig half das jetzt auch nicht. :-) Deshalb erzähle ich heute mal, was dann geschah ....


Ich habe mir damals schnell Hilfe geholt und bin zum Psychologen gegangen, um mich sortieren zu können. Übrigens, das wird von der Kasse bezahlt, wie das funktioniert und was und wieviel könnt Ihr hier nachlesen: https://www.therapie.de/psyche/info/fragen/wichtigste-fragen/wieviele-therapiestunden-bezahlt-die-krankenkasse/

Und das ist ein Tipp: Holt Euch Hilfe, fragt Eure Neurologen nach Empfehlungen oder schaut in die Foren und fragt nach.

Als ich im Januar ein Blog von Caroline Régnard - Mayer las, die in ihrem Blog "Frauenpower trotz MS" über Depression schrieb, ging ich selbst in meiner Vergangenheit zurück und kommentierte das Thema auch auf Instagram.

Was ich gemacht habe war, ein Team zu entwickeln. Das Fräulein Trulla Team. Im Laufe der Zeit habe ich nämlich gemerkt, dass es oft ohne Unterstützung oder Hilfe nicht geht. Dass ich, selbst wenn es mir gut geht, ab und an Hilfe brauche und das auch annehmen kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen oder mich schämen zu müssen.

Ein Schritt, der nicht einfach ist, wenn man vorher immer meinte, man kann alles alleine. Weil man ja schon groß ist. Ein Irrtum, wie ich lernte und es ist auch ein Irrtum zu meinen, dass MS ohne Support geht. Aber das muss man lernen, herausfinden und verinnerlichen.

Caroline beschreibt in diesem Artikel über MS und Depression sehr gut die Situation und die Fakten: https://frauenpowertrotzms.de/ms-und-depressionen-ich-helfe-euch-sie-zu-verstehen/




Mein Team .... Oder meine MS Helden! 

Mein Team besteht aus verschiedenen Experten.

  • Meinem praktischen Arzt
  • meine Physiotherapeuten (Ihr wisst, der Mann der sich auch mal volle Pulle auf mich schmeißt, wenn die MS mich umarmt ... ) 
  • einem Neurologen, allerdings ist diese Stelle derzeit vakant (Falls also ein Mediziner das liest, der sich zufällig auf MS und Neurologie spezialisiert hat, ich suche derzeit einen Experten der mit mir und dem Fräulein Trulla und meiner Affinität für Onlinerecheche und meinem Wissen kann)
  • meinem Lieblingsradiologen 
  • meiner Psychologin 
  • und einige andere.


Dieses Team brauche ich nie komplett. Aber ich weiß, dass sie da sind, wann immer ich sie brauche. Sie sind in meine ganz persönlichen Notfallpläne eingebunden, kennen mich gut und wir alle haben ein gutes Verhältnis. Ich muss nicht viel sagen, damit sie wissen, was gerade los ist.

Etwas, das sich über Jahre entwickelt hat. Erst musste ich verstehen, was passierte und fing an, mir die Menschen an die Seite zu holen, die für mich wichtig sind, wenn das Fräulein Trulla zickt.

Die richtigen Experten zu finden war auch nicht einfach. Wir haben Zeit miteinander verbracht und eine Beziehung aufgebaut. Ich kenne einige ihrer privaten Einblicke, sie wissen viel von mir. Sie sind meine Helden. Weil sie da sind, wenn ich einen Helden brauche.

Der Faktor Zeit ist übrigens wichtig. Ärzte und Helden müssen ihre Patienten kennen, sie müssen den Menschen kennenlernen und seine Prioritäten. Etwas, das derzeit in verschiedenen Gremien heiß diskutiert und auch von Ärzten gefordert wird: Mehr Zeit mit Patienten. Und wir brauchen diese Zeit, wir sollen einander verstehen und uns verständigen. Das geht jetzt nicht als Quickie.

Gerade wenn man mit einer chronischen Erkrankung lebt, ist es wichtig, Beständigkeit zu erlangen. Nichts ist schlimmer als das erneute Wiederkäuen der eigenen MS Geschichte, weil man gerade den Arzt wechseln muss. Es verbraucht zu viel Zeit und oft Kraft, die ich nicht habe. Es kann zum Fehlen von Informationsstücken führen oder zu falschen Fragen und damit auch zu weniger erfolgreichen Beratungen und Entscheidungen.

Mein Team nahm und nimmt sich die Zeit und das ist etwas, wofür ich dankbar bin. Auch wenn diese Mehrzeit, die sie für mich aufbrachten oft unbezahlt blieb. Was ich unverschämt finde.

Diese Zeit ist wertvoll. Wir lernen voneinander und miteinander und ermöglichen es uns, uns helfen zu lassen und den anderen, die Hilfe anzubieten, die sinnvoll ist.

Ehrlich gesagt ist es ein ständiger Prozess, man muss im Gespräch bleiben. Aber dafür hat man in Notfallsituationen die Hilfe, die nötig ist. Dann funktioniert das Team, egal wo man anruft. Klar habe auch ich Wartezeiten zu akzeptieren, aber das ist es mir wert. Diese Helden kennen mich und sie können mir daher auch gut auf schnelle Art und Weise helfen.

Entwicklungsarbeit für dich selbst ... 

Ein Team mit MS ist quasi Entwicklungsarbeit. Aber man macht sie für sich und dafür, heftige Situationen mit MS besser zu bewältigen. Es ist viel Kommunikation nötig, um die Situation zu erklären. Genauso wichtig ist es, im Gespräch zu bleiben.  Einen Plan zu haben. Übrigens, der Plan sollte auch den nächsten Angehörigen mitgeteilt werden. Herzblatt kennt ihn und kann zur Not eingreifen, was mir auch Spielräume und Pausen verschafft.

Übrigens, mein MS Team reicht seit einiger Zeit auch weiter. :-) Es gibt auch diese Phasen, in denen ich so meine Schwierigkeiten habe, den Haushalt vernünftig zu schmeißen, weil mich Das Fräulein Trulla nervt. Smartphone und diverser Messenger Services sei Dank sende ich neuerdings Bestellungen an meine Lieblings Obst- und Gemüseexpertin, die mir kleine Kisten packt und habe die Möglichkeit so auch mehr Zeit für mich zu bekommen und mich zu regenerieren.

DAS Team ist also eine wirklich gute Sache. Es sind Menschen, Experten, die mich dabei unterstützen, mein Leben mit MS so zu gestalten, dass es lebenswert ist und gut verläuft. Und das ist ein Ziel, das sich lohnt. Finde ich. Habt Ihr auch ein MS Team?

Ich bin neugierig!

Liebe Grüße

Birgit



Bilder: Pixabay, Shutterstock
Text: Birgit Bauer

1 Kommentar:

  1. Liebe Birgit,
    ein sehr hilfreicher Beitrag. Auch ich habe ein Team aufgebaut, nur leider trifft mich die Depression manchmal so unerwartet, dass mein Team nicht erreichbar ist oder ich keine Kraft habe es aufzusuchen. Außerdem bekommt man nicht so einfach Termine ;-)
    Danke dir sehr fürs Verlinken.

    Liebe Grüße
    caro

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