Mittwoch, 4. September 2019

Wanted: Arbeitest du schon oder suchst du noch den Chef des Jahres? Stimmen gesucht!

Ehrlich, wer hat nicht gerne einen guten Job? So einen, bei dem die Bezahlung stimmt, die Möglichkeiten in Sachen Weiterbildung, Arbeitszeit und Arbeitsplatz einfach gut sind und zu einem passen. Und, jetzt kommen wir zu MS, auch zum Leben mit MS
Oft passiert es, dass man sich doof sucht. Ich höre das oft von euch und ich war selbst schon in der Situation, dass das mit der „Inklusion“ von mir, der Frau mit MS nicht klappte. Ich hab mich selbst inkludiert, quasi und bin heute ganz glücklich und zufrieden damit, aber wer wirklich einen Job braucht und sucht, geht oft genug leer aus. Wegen der MS. 
Als mich Veronika anmailte und mich darauf ansprach, ob ich ihre Umfrage unterstütze, weil sie promovieren möchte, dachte ich mir erst: nicht schon wieder. Eine andere, nette Umfrage von jemand der einen Abschluss macht. :-) 
Allerdings hat mich das Thema bei näherem Hinschauen überzeugt. Genau es ist die Inklusion, die Veronika anspricht und erforscht.  Es geht darum, wie Menschen, die mit chronischen Erkrankungen oder auch Beeinträchtigungen in einen Job so integriert werden können, dass sie als vollwertiges Teammitglied anerkannt und eben nicht der „Quotenbehinderte“ im Unternehmen sind. 
Veronika sagt: „Inklusion fängt eigentlich erst nach der Einstellung an!“ und ich finde das spannend und stimme ihr zu. 
Deshalb habe ich sie spontan gefragt, ob sie mir ein Interview dazu gibt und yeah, sie hat es getan. Etwas, was mich sehr freut.  Und ein Thema, das wir alle unterstützen müssen, denn es gibt so viele großartig ausgebildete Menschen da draußen, die mit chronischen Erkrankungen oder auch Beeinträchtigungen leben und die einen Job suchen und ihn oft wegen der Krankheit oder der Beeinträchtigung nicht bekommen, während die Welt nach Fachkräften schreit. 
Also: Viel Spaß beim Lesen und macht bei der Umfrage mit. Alle wichtigen Fakten gibt es dann nach dem Interview!!! 


Veronika, erzähl ein bisschen von dir. Wer bist du und was machst du? 
Ich bin Katzenliebhaberin, Wahl-Kölnerin und liebe es, draußen zu sein.
Wie bist du zu deiner heutigen Arbeit gekommen? War das schon immer dein Ziel oder bist du, wie ich auch, über Umwege zum Thema und an diese Tätigkeit gekommen? 
Die heutige Arbeit in der Wissenschaft hat vor allem etwas damit zu tun, dass mir meine „alte“ Tätigkeit als Kommunikationsdesignerin nicht mehr gefallen hat und ich gerne mit Inhalten und nicht mehr mit der äußeren Form zu tun haben wollte. Außerdem mag ich Zahlen und Statistik. 
Der konkrete Inhalt „Arbeiten mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen“ ergab sich dann zufällig, passt aber gut zu mir: Als Psychologin interessiert mich das Thema auf wissenschaftlicher Ebene, als MS-Betroffene kann ich vieles davon auch gefühlsmäßig nachvollziehen.

In deiner Promotion wird es darum gehen, wie Menschen mit chronischen Erkrankungen, Beeinträchtigungen und Behinderungen in ihrem Job als vollwertiges Teammitglied integriert werden können und warum das so wichtig ist. Es geht um Teilhabe und Inklusion und den gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt. Wie kamst du auf dieses Thema? 
Inklusion beschränkt sich nicht darauf, als gesundheitlich beeinträchtigte Person „nur“ in Arbeit zu sein. Das ist die objektive Seite von Inklusion. 
Aber wie geht es den Menschen dort? Viele berichten von Diskriminierung oder verstellen sich, um nicht als krank und damit leistungsschwach zu gelten. Das ist natürlich schwer auszuhalten und kann sogar dazu führen, dass sich die Gesundheit weiter verschlechtert oder man weniger gute Arbeit leistet, als man eigentlich könnte. Über die subjektive Seite von Inklusion wissen wir noch viel zu wenig. Ich möchte dazu beitragen, dass sich das ändert. 
Mal ehrlich, hattest du jemals Schwierigkeiten im Job wegen der MS? Und wenn ja, wie bist du damit umgegangen? Und wenn du keine Schwierigkeiten hattest, wie begegnen dir Kollegen? Spielt die MS in eurem Arbeitstag und der Zusammenarbeit überhaupt eine Rolle?
Ja, ich hatte schon einmal Schwierigkeiten. Als ich von der Erkrankung aufgrund eines längeren Krankenhausaufenthaltes erzählt habe, wurde ich kurze Zeit später gekündigt. Ich war noch in der Probezeit, da ging das ganz einfach. Bei zwei weiteren Arbeitgebern habe ich dann schon im Vorstellungsgespräch von der MS erzählt. Das hat dann viel besser funktioniert. Mein Kolleg*innen behandeln mich mit nicht wie ein rohes Ei, das ist super! Gleichzeitig guckt keiner vorwurfsvoll, wenn ich z. B. nicht zu oft auf Dienstreisen gehe oder meine Arbeitszeit flexibel gestalte.
Wie schätzt du die derzeitige Situation ein, sind Menschen mit Erkrankungen oder Behinderungen schon in Unternehmen angekommen oder gibt es immer noch Schwierigkeiten und wenn ja welche? Womit haben Arbeitgeber am meisten zu kämpfen und was können sie tun, damit sich alle gleich gut angenommen und integriert fühlen, wenn es um den Job geht? 
Schaut man sich die Zahlen an, ist da noch viel Luft nach oben. Ob es Schwierigkeiten gibt, hängt zum einen davon ab, wie ein Unternehmen aufgestellt ist. 
Es gibt viele formale Dinge, die ein Unternehmen tun kann, um Arbeit mit gesundheitlicher Beeinträchtigung positiv zu gestalten. Z. B. ein betriebliches Eingliederungsmanagement aufbauen, eine gute Zusammenarbeit zwischen Schwerbehindertenvertretung und Unternehmensleitung etablieren, eine Inklusionsvereinbarung wirklich leben und Arbeitsplätze schnell und unbürokratisch an gesundheitliche Beeinträchtigungen anpassen. 
Auf der anderen Seite kommt es aber auch auf das konkrete Team an. Ist ein Chef unterstützend und empathisch? Werden Probleme im Team konstruktiv angegangen? Ist die Kommunikation im Team grundsätzlich wertschätzend? Gibt es eine Kultur der gegenseitigen Hilfe? Falls ja, sind die Voraussetzungen gut, dass ein*e gesundheitliche beeinträchtigte*r Mitarbeiter*in sich im Team willkommen fühlt und gut arbeiten kann. 
Umgekehrt, was können Menschen mit chronischen Erkrankungen / Behinderungen machen, um dafür zu sorgen, dass sie angenommen werden? 
Ich denke, da gibt es viel Gestaltungsspielraum. Meines Erachtens ist es sehr wichtig, mit anderen darüber zu sprechen, welche Unsicherheiten im Umgang mit einem selber vielleicht auftauchen. 
Es gibt viele Vorurteile zu Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Miteinander sprechen hilft dagegen – denke ich – am besten. Es ist auch sinnvoll, frühzeitig zu überlegen, durch welche Veränderungen am Arbeitsplatz die Arbeit erleichtert werden kann. Es gibt viele Möglichkeiten, die oft nicht sofort offensichtlich sind. Z. B. kann es oft helfen, Arbeitszeiten oder -aufgaben flexibler zu gestalten. Das sollte dann im Team besprochen werden, damit andere nicht eifersüchtig werden.
Viele sind gut ausgebildet und verfügen über großes Fachwissen, Kompetenz und Erfahrung, auf der anderen Seite hört man immer wieder die Klage vom Fachkräftemangel, wie passt das zusammen? 
Ich denke, dass Vorurteile eine große Rolle spielen. Aber auch Unwissen und Bürokratie können ein Hindernis darstellen. 
Eigentlich gibt es von vielen Stellen Hilfestellung bei der Beschäftigung von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, z. B. durch Integrationsämter oder die Arbeitsagentur. Aber wer unter welchen Bedingungen wie hilft, ist schwer zu verstehen und die konkrete Hilfe zu beantragen, stellt Unternehmen ebenfalls vor Herausforderungen. 
Du brauchst 1500 Antworten für eine vernünftige Auswertung, was versprichst du dir vom Ergebnis und können Interessiert die Zusammenfassung irgendwann lesen?  
Ich möchte dafür eine Lanze brechen, die subjektive Seite von Inklusion stärker zu beachten. Denn Inklusion hört nicht auf, wenn ein Mensch mit Beeinträchtigung in Arbeit ist. Eigentlich fängt Inklusion dann erst richtig an! 
Die Ergebnisse der Studie stelle ich allen Teilnehmer*innen zur Verfügung. Geplant ist auch eine Veröffentlichung in Fachzeitschriften. Und ich würde mich natürlich freuen, wenn ich von den Ergebnissen auch außerhalb der Wissenschaft berichten kann.
So und jetzt geht es zur Studie, hier erfahrt Ihr alles über die Studie! Bitte beantwortet die Fragen und helft Veronika, ein tolles Ergebnis zu bekommen. Mir ist das echt ein Anliegen, denn da geht noch was! Aber eben nur, wenn wir mal trommeln und laut werden! 

Mittendrin oder nur dabei? Online-Studie der Universität zu Köln zum Arbeiten mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen
Wertschätzung zu erfahren, ohne sich verstellen zu müssen, ist für die meisten Menschen ein wichtiger Aspekt des Arbeitslebens. Wie sieht dabei die Realität von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen (chronischen Erkrankungen und/oder Behinderungen) aus? 
Unter welchen Voraussetzungen fühlen sie sich als authentische, wertgeschätzte Mitglieder eines Arbeitsteams?
Der Lehrstuhl für Arbeit und Berufliche Rehabilitation der Universität zu Köln untersucht dieses Thema in einer anonymen Online-Studie zur psychologischen Seite von Inklusion. Ziel ist dabei, Informationen zur Arbeitssituation von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen aus „erster Hand“ zu erfahren. Die zentrale Frage ist, wie Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen Ihr Arbeitsumfeld beurteilen und welche Auswirkungen das auf sie hat. 
Langfristig wollen die WissenschaftlerInnen dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen für Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu verbessern. Mitmachen können alle Personen über 18 Jahre, die aktuell in einem Arbeitsverhältnis stehen (mindestens mit einer 50 %-Stelle) und von einer oder mehreren langanhaltenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen betroffen sind, die Sie im Alltag mehr als nur geringfügig einschränken.
Weitere Informationen und Teilnahme an der Studie: https://unikoelnpsych.eu.qualtrics.com/jfe/form/SV_6zJ5u3fPd1aRXGB
Kontakt: Veronika Chakraverty, Universität zu Köln, veronika.chakraverty@uni-koeln.de




Text: Birgit Bauer und Veronika Chakraverty 
Bilder mit freundlicher Genehmigung von Veronika Chakraverty und der Universität zu Köln 



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