Freitag, 31. Juli 2020

Gestatten: Bergziege - Fräulein Trullas Kommentar in Sachen Berge

Werte Leserschaft, 

ich bin zurück. Also mehr oder weniger. Sie wissen schon, die Bank vor dem Haus wurde über die Jahre zu meiner Zentrale, da die Bauer leider keinen Sinn dafür hat, mir ein gepflegtes und angemessenes Quartier anzubieten. Sogar der hier residierende Kater darf aufs Sofa. 

Aber nun gut. Wir waren in den Bergen. Sie hat mich einfach mitgeschleppt. Sie wissen schon, wo sie ist, muss ich hin. Und somit schleifte sie mich über Hügel, eroberte Gipfelkreuze, schubste mich in diverse Kuhfladen und derlei. Wir, also ich, stolperte über Stock und Stein, fror mir am Gipfel die Glieder blau und schnatterte vor Kälte als wir auf einmal in ein Unwetter kamen.


"Das ist so in den Bergen olle Trulla", sagte die Bauer zu mir, als ich einen Einspruch wagte und setzte nach: "Mit den Latschen und deinem Spitzenkrägelchen kommst du hier nicht weit, hättest du mal nachdenken müssen!" 

Danach ging sie weiter. Mit Wanderstöcken, Bergstiefeln und derlei. Weil das dazu gehört. Sagt sie. 

Und ich? Ich war dagegen. Ich bin seit Jahren dagegen, weil wir dort im gehobenen Institut für gehobene Trullas doch lernten, dass sportliche Betätigung so gar nichts ist für eine wie die Bauer. 

Aber, auch hier klärte sie mich auf: "Sport ist wichtig für mich, Wandern hilft mir, die Beine in Schwung zu halten und wenn du nicht mitkommst, bleibst du da übrigens auch deine blöde Freundin Fräulein Fatigue kriegt man damit besser geregelt!" und eroberte den nächsten Berg. Daneben warf sie mir vor, ich wäre veraltet und klärte mich auf, dass Sport bei MS durchaus hilfreich und wichtig ist, um zum einen die körperliche Aktivität zu erhalten und zum anderen gute Laune zu kriegen. Mehr zu MS und Sport!


Nun ja, gute Laune? Beim Wandern? Sie ist eine ausgesprochene Bergziege, sagt die Bauer. Und hat leider Recht. Eifrig packt sie ihren Rucksack, cremt sich mit Sonnencreme ein, füllt ihre Wasserflasche und schon gehts los. Sie meint, die Berge machen die Gedanken frei, lassen sie laufen und der stetig regelmäßige Schritt lüftet ihr Gehirn. So ein Blödsinn, ich pruste den Berg hinauf, komme nicht nach und sie? Stapft unverdrossen weiter. Bis nach oben. Dort, wo es die Brettljause gibt. Sagt sie und strebt weiter. Langsam, gemächlich, lässt sich überholen, macht Trinkpausen und schert sich nicht um die Zeit. In den Bergen regiert die Zeitlosigkeit, der Weg ist das Ziel und wenns länger dauert, ist das eben so. Sagt auch die Bauer, die lange schon nicht mehr so schnell wie andere kann, es aber immer schafft. Und das ist ärgerlich für mich und meine Bilanz. 



Die Bauer liebt die Berge, ich auch. Von unten. Sie zu betrachten ist wirklich schön, aber sie zu besteigen? Niemals. Man stelle sich vor, die Wasserwelle leidet, man erhitzt sich ja, die Milch ist zu fett und es gibt Bergschnaps, keinen Likör. 

Und als ich dann zwischen Kühen auf einem Waldweg die Richtung verlor, ließ sie mich zurück. Sie vermisste mich nicht mal. Stellen Sie sich das vor? Mich, das werte Fräulein Trulla, vermisst keiner. 
Eine Schande ist das. 
Dabei kann ich nichts dafür, fürs Wandern bin ich nicht gebaut, ich habe quasi keinerlei Anlagen dafür und in unseren Kursen wurde das nicht unterrichtet. 

Und Sie können sich sicherlich vorstellen, dass Bergziege Bauer da Gegenargumente hat oder? Wie immer. Sie weiß es besser, als ob sie ich wäre. Ich habe ja den Verdacht, dass sie mich beobachtet, Buch über mich führt und dann bei ihren Ärzten petzt. Gegenstrategien findet und umsetzt und echt jetzt: Darin wird sie immer besser. Was sich in meinen Berichten nicht gut macht. Aber dafür werde ich noch eine Strategie entwickeln. So geht das nicht. 


Eine Wasserratte wird sie nie werden, auch wenn es wohlmeinende Menschen schon probiert haben. Sie mag Wasser, keine Frage, aber ein Berg? Der ist viel besser, sagt sie. Und schwingt bedrohlich ihre superleichten Wanderstöcke. Ihre Zweitbeine nennt sie die Teile und sie sind immer dabei. Spitz sind die auch. 

Und ich denke mir, welches Übel wohl schlimmer ist. Am Ende brauche ich Schwimmflügel und eine Schwimmweste. Denn auf einem Boot würde sie mich wohl über das Geländer werfen. Oder? 

Verzweifelt, 

Fräulein Trulla


Text und Bilder? Birgit Bauer :-) Und das imaginäre Fräulein Trulla versteht sich. 


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