Dienstag, 20. September 2022

Immer diese Entscheidungen .... oder warum FOBO gefährlich sein kann ....


Kennt Ihr das: Ihr seid im Restaurant, es gibt unzählige freie Tische und sich für einen zu entscheiden kann schwierig für viele sein. Kaum denkt man, endlich wäre es entschieden, finden viele Menschen einen noch besseren Tisch. Bis man sich gemütlich hinsetzen und sich der Speisekarte widmen kann, kann es schon zwei oder drei Tische dauern. Das ist so ein Erfahrungswert von mir und es nervt mich ungemein wenn ich ehrlich bin, und ein Grund dafür, solange einfach stehen zu bleiben, bis die finale Entscheidung steht. Dieses Tischchen Wechsel dich, Spielchen ist anstrengend. 

Anderes Beispiel? Stellt Euch vor, Ihr braucht einen Gehstock. Es gibt viele Modelle und die haben unterschiedliche Funktionen, Designs und Vor- wie Nachteile. Man probiert aus und denkt irgendwann, man hat das Teil gefunden. Kaum hat mans, kommen Zweifel. Die Sorge, man hätte auch noch etwas Besseres finden können. 

Das ist Fear of Better Options - die Angst vor der Entscheidung, weil ja was Besseres kommen könnte, das man sonst verpassen könnte.  Es ist eng verbunden mit Fear of Missing Out - also etwas zu verpassen. Der Autor  Patrick McGinnis hat den Begriff geprägt. 

In Sachen MS kann das durchaus Folgen haben. Bei der Entscheidung für oder gegen ein Medikament, eine zusätzliche Therapieoption oder derlei. Man kann auch sagen, und das kennt Ihr alle, es ist die berühmt, berüchtigte "Qual der Wahl". 

Und das kann wirklich eine Qual sein. Diese Wahl. Man muss sich für oder gegen etwas entscheiden, oft im Hinterkopf, dass man etwas verpasst, vergisst oder gar nicht gewusst hat. Ein Grund dafür kann zum Beispiel sein, dass jemand auf Instagram etwas gepostet hat und damit sogar eine Entscheidung unbewusst beeinflusst. Selbst wenn das Teil des anderen gar nicht zu einem passt weil der Körper und die Befindlichkeiten total anders sind, hat es vielleicht Glamour, ist "in" und wir wissen alle, wer in ist, ist drin. Wo auch immer das dann ist. Es kann also passieren, dass viele schon dem Trieb zur besten Lösung zu greifen folgen, anstatt auch mal einen Moment dafür zu nutzen um zu sehen, ob die andere, vielleicht nicht ganz so glamouröse Lösung nicht auch oder gar besser passt.

Das verunsichert und wer nicht genug Selbstvertrauen hat und nicht auf seine innere Stimme hört, der hat ein Entscheidungsproblem und kommt nicht zum Zug. Weil es eben dauert mit der Entscheidung. In vielen Fällen, zum Beispiel im Leben mit einer Erkrankung, kann das negative Folgen haben. Weil ein Hilfsmittel zu spät kommt, eine Therapie verzögert wird oder derlei. Folgen, die durchaus weit greifend sein können. Sind es Entscheidungen für eine Konzertkarte oder etwas anderes Schönes, kann es passieren, dass das Leben an einem vorbeizieht. Dass man am Ende etwas versäumt. Während andere leben und entscheiden, grübeln die Menschen, die sich ins FOBO - Dasein flüchten, noch immer und sind erstaunt, wenn die Gelegenheit ungeachtet vorüberzog. Das ist schade und tut nicht gut. Weil man sich immer wieder auch selbst ent-täuscht.

Doch wie entscheidet man so, dass man zufrieden ist? 

Ich muss zugeben, ich bin ein zügiger Entscheider. Wenn etwas ansteht, hole ich mir Informationen, bis ich mich genug gut informiert fühle und dann entscheide ich und gut ist. Es kann natürlich passieren, dass es etwas Besseres gegeben hätte, aber ich frage mich dann oft, ob ich es denn dann besser hätte. Ich will auch nichts verpassen oder mir gesundheitliche Nachteile einhandeln, nur weil ich dem Hang nachgab, das ausschließlich Beste zu bekommen und damit zuviel Zeit mit der Angst zu tun zu haben, etwas zu verpassen. 

Klar ist, sich zu entscheiden, ist nicht immer einfach. Besonders, wenn es um Therapieoptionen geht. Denn die greifen aktiv in den Körper oder in die Gesundheit ein. Deshalb habe ich mir überlegt, was man tun kann: 

Am Anfang steht die Info - ehrlich, Entscheidung ohne Info = keine Entscheidung. Ich will Zahlen, Daten und Fakten die ich verstehe und ich will nachfragen können. Weil ich verstehen will. 

Übrigens, hier entscheidet mein Bauch mit, wenn es genug ist. Meistens dann, wenn ich eine meiner berühmten Pro und Contra Listen schreibe. Ganz klassisch mit Stift und Papier. Das hilft mir zum einen Prioritäten zu setzen, Unsinn zu verwerfen und Unklarheiten zu erkennen. 

Ein Moment der Ruhe - so eine Entscheidung kann schwer sein. Daher versuche ich, einen Moment der Ruhe zu bekommen. Stille um nach innen zu hören, festzustellen, ob alles soweit gut laufen kann. 

Auswahl limitieren - es gibt ja nicht immer soviel Auswahl, aber manchmal doch und dann, so habe ich festgestellt, gibt es so Optionsgeile. Also die, die immer mehr Optionen brauchen und am Ende überfordert und erschöpft sind und keine Entscheidung treffen können. Weil die pinken Punkte vielleicht langfristig schöner sein könnten, nicht müssen, als die grünen. Daher versuche ich, mir die für mich drei besten Optionen zu finden und dabei bleibts. 

Hör auf dich! - Wer sich nicht selbst zuhört, sondern nur den Rat der anderen berücksichtigt, läuft Gefahr nicht das zu bekommen, was für einen selbst das Beste ist, sondern eben für die anderen. Weil er der Wahl der anderen folgt. Anstatt den eigenen Bedürfnissen die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdienen. Also wenn die innere Stimme schon laut ihren Protest kund tut, dann hört drauf! Es geht um Euch, nicht um die anderen. 

Social Media und Instaglamour! - Ey ehrlich, das was man auf Insta sieht, ist oft Werbung und bewusst schön gestaltete Bilder. Da sehen Schauspielerende MS Damen super aus, was ich ihnen gönne, sie haben coole Sachen und natürlich imponiert das. Aber ist es das wahre Leben, das wir jeder für sich leben? Ich glaube nicht. Jeder Mensch ist anders, daher ist es wichtig, sich nicht vom glänzenden Auftritt anderer beeindrucken zu lassen, sondern das zu machen, was einen selbst zufrieden macht. Dann ist es nämlich auch richtig. Daher: Instagram ist Inspiration, auch für mich, aber da ist der Unterschied: Es ist das Leben der anderen und trifft in den meisten Fällen nicht auf mich zu, darf mich aber inspirieren, etwas zu ändern oder so anzunehmen, dass es für mich passt. 

Last but not least: sich auch mal zufrieden geben. - Zufriedenheit ist ein hohes Gut und zufrieden mit etwas zu sein kann zur Herausforderung werden. Siehe der vorherige Punkt. Aber zum einen ist das Streben nach dem "Höheren" anstrengend und oft auch sinnlos, weil man es nicht bezahlen kann oder weil man es nicht braucht. Das zu verstehen ist eine Herausforderung und das war es auch für mich, die es gerne perfekt hat. Mit Fräulein Trulla habe ich gelernt, dass es eben nicht immer perfekt geht. Manchmal darf es Mittelmaß sein und es ist dennoch gut. Perfektionsstreben braucht Aufwand in vielerlei Hinsicht und gerade am Anfang habe ich dafür einen hohen Preis bezahlt. Mit Schüben, Symptomen und anderen MS Zipperlein. Und das braucht auch keiner. Also ich nicht. 


Um ehrlich zu sein, ja manchmal könnte etwas besser sein, es gibt wahrscheinlich immer bessere Optionen, die Frage ist aber, ob man die immer braucht. Ich habe auch schon manche nicht so tolle Entscheidung getroffen, das gehört dann dazu. Es ist das Leben, das stattfindet und damit sind auch unschöne Dinge verbunden. Auf der anderen Seite kann man damit auch lernen. Über sich selbst, die Welt, die eigenen Prioritäten und Ansprüche und man stellt fest, dass man auch nur ein Mensch ist und kein perfektes Superwesen. 

Ich finde es wichtig, dass man sich selbst gut tut. Entscheidungen trifft, die einem entsprechen, die man gut findet und vor allem: Entscheidungen die man tragen kann, hinter denen man stehen kann. Entscheidungen müssen getroffen werden. In einem Zeitraum, der zeitnah ist und nicht durch die Angst, dass etwas Besseres kommen könnte, bis zum letzten Moment hinausgezögert werden, um dann doch falsch zu sein, weil es dann schnell gehen musste oder weil man sonst tatsächlich was verpasst weil man sich nicht entscheiden konnte, einfach aus der Angst heraus, etwas Besseres zu verpassen. 

Wie entscheidet Ihr? Habt Ihr noch Ideen oder andere Tipps? 

Und ein bisschen Lesestoff: https://www.bedeutungonline.de/was-ist-fobo-fear-of-better-options-bedeutung-definition-erklaerung/

Birgit 



Bilder: Pixabay.com

Text: Birgit Bauer / Manufaktur für Antworten UG 

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