Am 04.10. erhielt ich den Genesenenstatus. Weil negativer Test und derlei.
Ich hatte angefangen von üblen Gliederschmerzen, Halsschmerzen, verstopfte Atemwege, extreme Erschöpfung, Symptome und Beschwerden, die sich wirklich keiner wünscht. Ich landete also in der Infektionsabteilung beim Arzt und wurde mehr oder weniger abgefertigt. Es dauerte keine 3 Minuten. Kurze Besprechung, Stäbchen in den Hals, der übliche QR Code für die App und Tschüß.
Meine Frage nach Hilfe bezüglich der Halsschmerzen, des heftigen Hustens und der wirklich heftigen Verschleimung oder auch um die Schmerzen besser in den Griff zu kriegen, blieb leider nur vage in der Antwort, ich könne mir etwas in der Apotheke holen. Etwas rezeptfreies, aber ohne Zucker, das sein wichtig. Ich so, klar, ich hab ja auch nur Symptome und da wo ich grad hin will, ist keine Apotheke. Nur meine Teetasse und mein Bett.
So gesehen, ich bin froh um diverses medizinisches Halbwissen, das mir die MS eingebracht hat, den ich half mir dann halt auch selber. Letztlich ist man für solche Fälle gerüstet, Schmerzmittel sind vorhanden, Erkältungsmedizin haben wir auch immer ein bisschen im Medizinschrank lagernd. Ich lutschte, trank viel, war erschöpft, arbeitete aber dennoch ein bisschen, auch um mich nicht voll abstürzen zu lassen, wenn man etwas zu tun hat, geht es dann doch leichter. Wenngleich ich echt reduzieren musste, weil ich für einen Moment nach einer halben Stunde schlicht und einfach total erschöpft war.
Es folgte: Eine Woche Zuhause, inklusive Anruf vom Amt und Aufklärung, was ich sehr nett fand, weil die Ansprechpartnerin da auch total freundlich war und alle Fragen beantwortet hat.
Nach meiner vom Amt verordneten Quarantäne habe ich mich per Selbsttest negativ erklärt und ging nochmal beim Arzt vorbei, um mir den QR Code für die CWA zu holen und meinen Genesenenstatus offiziell zu machen.
So weit. So gut. Ich bin immer noch negativ.
Aber: Spaß ist das alles nicht.
Die Symptome waren und sind noch da, genauso wie man es auch immer wieder nachlesen kann. Wenngleich sie jetzt, nach 3 Wochen endlich etwas leichter werden, sind wir lange nicht da, wo ich eigentlich normalerweise bin. Ich huste viel, bin immer noch verschleimt und geht man mit mir spazieren, kann es schon passieren, dass ich Pausen brauche, weil ich verschnaufen muss. Ich bin kurzatmig und meine mühsam erarbeitete Kondition ist quasi dahin. Mir fehlt es an Energie, ich bin erschöpft und könnte stündlich ein Nickerchen vertragen. Schwimmen geht etwas besser, sofern sich ein Schwimmbad findet, weil hier die lokalen Schwimmbäder erst mal geschlossen bleiben. Damit ist die Hürde, meine Kondition wieder zu holen, eine geworden, die im ersten Moment echt hoch ist. Weil ich andere Wege finden muss, die weniger belasten, aber dennoch helfen.
Wer mich kennt weiß, ich halte durch, ich mache weiter, weil ich zu viel Spaß habe mit meiner Arbeit und dem, was gerade läuft. Ich mag das und jetzt? Werde ich regelmäßig ausgebremst. Ich kann es nicht leiden. An dieser Stelle sei mir ein bisschen #mimimi erlaubt.
Ich muss aufpassen, denn meine Kraft ist immer noch beschränkt. Ein Umstand, der mich auch dazu brachte, mich für ein bisschen mehr Home Office und weniger Reise zu entscheiden, weil Kongresstage sind lang und ich ächze früh in mein Bett um ersehnte Ruhe zu bekommen und tauche dauerhaft in meiner Teetasse, weil mir die Wärme gut tut. Einen ärztlichen Rat habe ich nicht mehr eingeholt. Denn der Infektionscontainer gefällt mir nicht, ich hätte einen wirklichen Rat gebraucht, kein Durchschleusen. Aber da muss man klarstellen, ob man den Ärzten hier einen Vorwurf machen kann, wage ich zu bezweifeln, denn sie arbeiten auch am Limit. Wenngleich es auf der anderen Seite deren Aufgabe ist, mir zu helfen, wenn ich schon frage. Ein Dilemma. Aber es ist wie es ist.Die Entscheidung, die ich treffen musste ist eine, die mir nicht gefällt, aber die sein musste. Sie resultiert aus Erfahrung mit dem Leben mit MS und dem Wissen, dass da oft in der Konsequenz eine fiese Rechnung aufgemacht wird, die noch schwerer auszuhalten ist, als jetzt für den Moment im heimischen Büro zu bleiben und traurig und neidisch auf die zu schauen, die sich in Berlin und woanders in der Welt treffen um meine Lieblingsthemen zu diskutieren. Aber hilft nicht. Da muss ich durch, vor allem, wenn ich Ende des Monats zum absoluten "Must Congress" zu reisen. Zum Ectrims, einer der größten Konferenzen zum Thema MS, wo ich lerne, mich informiere und die super wichtig ist für mich. Und meine Community natürlich.
Also, jetzt erholen, öfters pausieren und trotzdem weitermachen. Geht auch online und im heimischen Büro.
Wenn ich eins gelernt habe dann, dass das mit dem Virus nicht die einfachste Sache ist. Vor allem keine kurze Nummer, in Kombination ist es noch ein bisschen heftiger, habe ich das Gefühl, denn man muss zwei Sachen gleichzeitig handeln und das ist eine Herausforderung. Es braucht Zeit zurück zu kommen, man muss Anlauf nehmen und das ist auch mit der Kurzatmigkeit kein Klacks. Daher bleibe ich noch ein bisschen dort, wo Regeneration einfach möglich ist: Im heimischen Gefilde. Dort kann ich kreativ weitermachen, entlaste aber die Tage, weil ich eben nicht irgendwo durch die Gegend eile und helfe mir damit selbst. Auch für die nächsten Monate. Denn erfahrungsgemäß ist der Winter ohnehin mit Fräulein Trulla keine einfache Sache. Auch wenn ich sagen muss, dass sie wenigstens in der "heißen Phase" etwas im Hintergrund blieb. Oder ich habs nicht gemerkt, weil ich es schlicht verpennt hab und nicht mehr unterscheiden konnte, woher der Krampf im Körper kommt und wer die Erschöpfung auslöst.
Und weil ich den Scheiß loswerden will. Was eben, das wissen wir aus verschiedenen Analysen, ein bisschen Zeit braucht. Die muss man sich nehmen, ob man will oder nicht. Covid kann einen extrem ausbremsen und wenn man nicht aufpasst, ist das länger der Fall. Wer will das schon? Ich räume nicht mal dem Fräulein Trulla mehr Spielraum als nötig ein, warum sollte ich es also diesem Virus einräumen?
Covid ist keine Erkältung und wer es auf die leichte Schulter nimmt, spielt ein möglicherweise riskantes Spiel. Es ist gefährlich. Sicherlich gibt es Menschen, deren Verläufe total mild sind und ich bin froh für sie, denn ich weiß jetzt, wie es aussehen kann und ich glaube sehr wohl, dass das keineswegs die schlimmste Art und Weise war, mit der man diesem Virus begegnen kann. Ich will auch nicht jammern, aber vielleicht helfen die Erfahrungen anderen ein bisschen.
Es kann atemberaubend sein, im wahrsten Sinne des Wortes und einen müde machen. Daher: aufpassen und sich die Zeit nehmen, die nötig ist. Was mir geholfen hat, und dafür bin ich mehr als dankbar, waren einige Tage in den Bergen, die Luft hat geholfen durchzuatmen und für einen Moment einfach zu erholen. Es ist also wichtig, egal ob man weg kann um einen Moment zu regenerieren oder nicht: Sich gut tun und die Pausen einlegen, die der Körper braucht, anfangen mit Spaziergängen und es nicht übertreiben. Ich habe das Gefühl, dass ich mir das, was ich mir über die letzten Monate hart erarbeite, zurückholen muss und das ist ohne Frage ein Kraftakt. Ein langsamer und zäher und einer, der Zeit und Geduld braucht.
Auch wenn es einem, wie mir, grad gar nicht passt.
Hustende Grüße (immer noch)
Birgit
Text: Birgit Bauer / Manufaktur für Antworten UG
Bilder: Pixabay.com
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