Sonntag, 29. Dezember 2024

2024 - Ein Jahr voller Lernen, Entscheidungen und Dankbarkeit

Zum Jahresende ist es überall zu sehen: Rückblicke, bunte Bilder, Erfolge. 

Ich mache das anders – persönlicher, aus meiner Perspektive. Bei mir gibt es weniger bunte Bilder, dafür Gedanken, Learnings und einen ehrlichen Blick zurück. Denn dieses Jahr war voll, anstrengend und toll, grandios und manchmal echt nervig. :-) Es war weniger MS, dafür mehr pralles Leben und es war mehr "ich bin zu busy, als dass ich jetzt MS haben könnte". Ich weiß, ein wenig überheblich vielleicht, aber es war oft so, dass ich mir dachte "Trulla, ich hab jetzt keine Zeit für dich". 

Das kommt davon, dass ich mir nur das nötige Minimum darüber Gedanken mache, was mit der MS ist. Andere machen sich viel mehr Gedanken um meine MS als ich selbst. Fahrlässig? Weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall hilfreich, denn ich bin nicht ständig in dieser seltsamen Patientenrolle, ich bin ich, meine Arbeit macht mir Spaß und hält mich am Laufen und ich glaube, dieser Rahmen, der manchmal echt anstrengend sein kann hilft auch, MS technisch trotzdem ich zu bleiben und eben nicht ständig über die Erkrankung nachzudenken und über das, was als nächstes passieren könnte. 

In diesem Jahr sagte mir jemand, ich wäre nicht typisch für eine Person, die mit MS lebt und meinte das als Kompliment. Wohlmeinend. Dabei fühle ich mich nicht geschmeichelt, es ist so, meine Arbeit macht mir Spaß und hält mich am Laufen. Eine komfortable Situation, ich bin mir bewusst, dass nicht alle diese Möglichkeiten haben, aber wir alle haben Chancen und die sollten wir nutzen. Für uns selbst, unsere eigene Entwicklung, nicht nur für die MS und das Dasein als eine Person, die damit lebt. 

Aber lasst uns zu dem kommen, was ich dieses Jahr so gelernt habe. 

Wenn wir über Freundschaften sprechen, gibt es sie, die echten und die anderen. 

Man muss lernen zu unterscheiden, gerade in dem Jahr war das deutlich. Es gibt die Verbindungen, die nur dann existieren, wenn man selbst immer den ersten Schritt macht. Wenn von der Gegenseite kaum etwas kommt, ist das keine Freundschaft. Das habe ich gelernt. Man nimmt das Angebot gerne an, hat Spaß, macht aber selbst nichts. Das ist belastend. Weil man auch nicht immer organisieren oder hinterher sein kann. 

Dieses Jahr habe ich intensiv über diese Dynamiken nachgedacht, mich mit Menschen darüber ausgetauscht und für mich klar erkannt: Freundschaft bedeutet, sich gegenseitig zu stützen, sich ehrlich anzusprechen und auch Raum für echte Verbindungen zu schaffen.

Eines wurde mir dabei besonders bewusst: Es ist nicht die Aufgabe eines Freundes oder einer Freundin, für die andere Person zu entscheiden, was sie erträgt oder leisten kann. Das ist gelebter Paternalismus, und den braucht niemand. Jeder Mensch hat das Recht, selbst zu entscheiden, was er tragen kann – und Freundschaften gedeihen, wenn sie auf Respekt und Gleichgewicht beruhen.

Herausforderungen, Verantwortung und limitierte Ressourcen

Dieses Jahr hat mir einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, Verantwortung bewusst wahrzunehmen und auch einzufordern. Verantwortung fragt nicht danach, ob wir krank sind oder nicht. Wenn uns ein Thema wirklich wichtig ist, dann sollten wir auch selbst dafür einstehen. Es ist nicht fair – und auch nicht ehrlich –, diese Verantwortung auf andere abzuwälzen, angeblich weil sie es besser können, nicht krank sind und ihnen ein kleines Thema mehr ja nicht so viel Aufwand bereitet. Really?

Ich habe oft erlebt, dass Menschen ihre eigenen Anliegen auf mich übertragen wollten, mit Sätzen wie: „Ich bin krank, ich kann das nicht übernehmen. Könntest du das machen?“ Meine Antwort darauf war irgendwann klar und direkt: „Auch ich bin krank.“ Und dachte mir: "Was ist das respektlos!". Der anderen Person war und ist sehr bewusst, dass auch ich diese Tage habe und meine Ressourcen limitiert sind, aber fröhlich weitergeben, die Bauer macht das schon. Nein. Macht sie nicht. Auch eine Birgit braucht ab und an eine Pause und es ist nicht meine Aufgabe, mir die Probleme dieser Welt und die der anderen Personen aufzuladen und zu lösen. 

Hier kommt der Punkt, den viele nicht sehen wollen: #butyoudontlooksick. Nur weil ich gut aussehe, heißt das nicht, dass ich mich immer gut fühle. Meine Krankheit ist nicht sichtbar, aber sie ist da, und das bedeutet, dass auch meine Ressourcen begrenzt sind. 

Es ist wichtig, zu helfen, wo man kann, aber genauso wichtig, Grenzen zu setzen. Verantwortung bedeutet, den Mut zu haben, selbst aktiv zu werden, statt alles auf andere abzuwälzen. Meine Zeit und Energie sind wertvoll, und es ist meine Aufgabe, sie zu schützen – auch wenn das nicht immer einfach ist.

Entscheidungen – für Veränderungen und Wachstum

2024 war das Jahr, in dem ich viele Entscheidungen treffen musste – Entscheidungen, die nicht immer bequem oder einfach waren. Sie haben mich an meine Grenzen gebracht und gleichzeitig dazu beigetragen, dass ich weiter gewachsen bin. Die Veränderungen, die diese Entscheidungen mit sich brachten, haben mich herausgefordert, aber auch bestärkt, bei meiner Haltung zu bleiben und an den Dingen oder auch Prinzipien festzuhalten, die mir wichtig sind. Und ich kann sagen, ich habe nie uninformiert entschieden, sondern immer versucht, mir ein komplettes Bild zu machen. Etwas, das ich schon immer mache, aber in dem Jahr war es noch wichtiger. 

Ein Beispiel dafür ist Data Saves Lives Deutschland (DSL DE). Dieses Projekt hat 2024 maßgeblich geprägt. Im Januar ohne ein Budget zu sein und zu sehen, wie es weitergeht, das Projekt im Laufen zu halten war eine echte Herausforderung, die bis August angedauert hat. Es war eine Zeit voller Stolpersteine, anstrengender Entscheidungen und intensiver Arbeit, aber auch voller Fortschritte und neuer Wege und am Ende, nach harter Arbeit, auch mit einem Happy End, als der Bosch Health Campus im August Förderpartner von DSL DE wurde.

Das war nicht einfach. Ich habe gelernt, meine Position zu vertreten, auch wenn sie für andere nicht immer akzeptabel war, und habe erneut gemerkt, wie wichtig es ist, an den eigenen Überzeugungen festzuhalten – auch in schwierigen Momenten.



Und die coolen Sachen - meine persönlichen Highlights 

Also Fellow von Sciana – The Health Leaders Network, erhielt ich im Mai nach zwei Jahren intensiven Lernens und sich mit einem Fachthema befassen mein Zertifikat. Diese Erfahrung war intensiv wie prägend: Neue Kontakte, tief gehende Diskussionen und Mentoren, die mich inspiriert haben. Ich habe so viel gelernt, nicht nur über neue Themen wie One Health oder Leadership, sondern auch über mich selbst und welche Ziele ich mir so setze. 

Ein ganz besonderer Moment war der Gewinn des „Female Transformers in Healthcare“-Awards  in der Kategorie "Ehrenamt" der Healthcare Frauen e.V. im November. Es war mein erster Preis – und eine enorme Bestätigung für meine Arbeit. Für mich, war das ein Moment purer Freude und Wertschätzung. Dieser Preis hat mir gezeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin und meine Arbeit einen echten Unterschied macht. Und das kam nicht nur aus der Branche, sondern auch von den Healthcare Frauen e.V., was ihm noch mehr Bedeutung verlieh.

Und immer diese Vertrauenssachen ... 

In diesem Jahr habe ich viel über Vertrauen und Glaubwürdigkeit nachgedacht. Früher habe ich oft zu schnell vertraut. Das hat mich öfters Rückschläge und viel Energie gekostet. Allerdings lernt man mit den Erfahrungen und ich wurde über die Jahre vorsichtiger. 

Besonders bemerkenswert war eine Situation, in der jemand versuchte, mich vor einer vermeintlichen Bedrohung zu warnen, die ein wichtiges Projekt betraf, in dem ich arbeite. Prinzipiell ist es nicht so, dass nicht jeder einen Moment Aufmerksamkeit bekommt. Den habe ich auch in dieser Situation gewährt, um mir ein Bild zu machen. 

Was folgte, war jedoch keine detaillierte Erklärung oder eine klare schriftliche Darstellung der Bedenken mit konkreten Fakten und nachvollziehbaren Gründen. Stattdessen wurde ein vages Gespräch gesucht, angeblich, weil es keine andere Möglichkeit gebe, den Sachverhalt zu klären.

Ehrlich jetzt, es ist doch so:  Wenn jemand ein Anliegen oder eine Warnung äußert, geht es nicht nur um Vertrauen, sondern auch um Glaubwürdigkeit

Wer ernsthaft einen Verdacht oder ein Anliegen hat, muss bereit sein, dieses mit klaren und fundierten Argumenten zu untermauern. Ein vages Telefonat oder eine Andeutung ohne konkrete Belege sind nicht ausreichend, um Glaubwürdigkeit und damit auch das gewünschte Vertrauen zu erlangen. Glaubwürdigkeit muss sich beweisen – durch Transparenz, klare Informationen und die Bereitschaft, sich mit der Sache ernsthaft auseinanderzusetzen. Alles andere lässt mich vorsichtig werden und macht es schwierig, Vertrauen aufzubauen.

Dankbarkeit – für das Vergangene und das Kommende

Trotz aller Herausforderungen war 2024 ein Jahr der Dankbarkeit für mich. Für die Menschen, die in meinem Leben sind, und für die, die neu dazu kamen. Für die, die mich unterstützt haben, ohne zu fragen, oder mir einfach Zeit geschenkt haben – für ein Lachen, eine Pause oder einen ehrlichen Austausch. Und manchmal für den Spaß bei einem Glas Wein und einer Runde Blödeln. 

Diese Momente trage ich im Herzen und hole sie hervor, wenn ich sie brauche. Sie erinnern mich daran, wie viel Gutes in meinem Leben ist, trotz aller Mühen und Hindernisse. 

Ich habe wandernd meine Urlaubsherausforderung erklommen, habe genossen, manchmal gestänkert, meinem Ärger freien Lauf gelassen und dennoch, es war ein gutes Jahr. 

2024 hat mich wieder einmal gelehrt, Entscheidungen zu treffen, meine Grenzen zu wahren und dabei meine Leidenschaft für meine Arbeit und meine Projekte nicht zu verlieren. 

Und ich freue mich auf das nächste Jahr – mit all seinen Herausforderungen, Überraschungen und Chancen.

Ich wünsche Euch, dass Ihr gut ins neue Jahr kommt, das uns mit neuen Herausforderungen erwartet, dass es uns auch nicht einfach machen wird und das Dinge für uns bereithalten wird, die wir nicht erwarten. Aber wie auch immer, lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass das neue Jahr, ein gutes wird. 

Birgit 

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