Montag, 22. September 2014

Zeit ...

Gut, ich gebe zu, ich werde jetzt ein wenig nachdenklich.

Neulich las ich einen guten Artikel über Zeit. Und wie viel wir davon haben. Und dann hörte ich von einem anderen Patienten, dass er jetzt alles mitnimmt, weil er nicht weiß, wie viel Zeit er noch hat, um das zu tun, was er jetzt tut.

Das machte mich nachdenklich. Weil ich mich gleich danach auch gefragt habe, wie viel Zeit mir bleibt, das zu tun, was ich jetzt mache. Zeit ist endlich. Also, unsere. Und Zeit ist eine kostbare Sache, die man damit vergeuden kann, etwas nicht zu tun oder damit, zu viel zu tun.
Wie mans macht, so scheint es, ist es falsch. Oder?

Ich weiß nicht so genau, was ich mir dabei dachte, als ich mich fragte, wie viel Zeit mir noch bleibt, um zu Wandern oder auf Reisen zu gehen und mich für Patientenrechte oder solche Dinge einzusetzen oder wie letzte Woche in London dem Thema Multi Channel Marketing nachzugehen und mit Social Media Consultants aus aller Welt darüber zu sprechen, was das mit Patienten machen kann oder macht.

Und dann fiel mir ein, wie viele Dinge wir nicht machen, weil wir angeblich keine Zeit haben. Haben wir wirklich keine Zeit? Oder ist es einfach nur der überbordend volle Terminkalender, der uns unter Druck setzt. Wir treffen keine Freunde, weil dafür gerade echt keine Zeit ist. Wir tun uns nichts gutes, weil dafür gerade keine Zeit ist und wir sagen zu selten, dass wir keine Zeit haben, weil wir sie für uns verwenden, sondern wir sagen oft genug, dass wir keine Zeit haben, weil wir sie anderen schenken. Müssen, können, dürfen.

Zeit ist so eine Sache. Wir wissen nicht, wie viel wir davon auf unserem Konto haben und dennoch nehmen wir sie als selbstverständlich hin. Wieso eigentlich?

Als ich letzte Woche durch London wanderte, in meinen alten Turnschuhen und vergnügt mit mir selbst unterwegs, dachte ich mir so, dass ich dieses Stück Zeit echt verdient hatte. Dabei musste ich mir diese Zeit nicht verdienen, ich hatte sie ja schon. Und als Big Ben seine Glocken tief über die Stadt schlagen ließ, dachte ich, es ist meine Zeit, über die ich bestimmen kann. Nicht die der anderen.

Ich darf meine freien Stunden für mich nutzen und dafür die elektronischen Bediensteten wie Emailpostfächer und Anrufbeantworter einsetzen.

Meine Zeit darf ich auch verschwenden und großzügig jemandem schenken, der diese Momente braucht. Und ich darf sie einfach so verstreichen lassen, wenn es mir nicht so gut geht. Wie gestern und heute, wo mich eine Erkältung heimsucht und ich ein bisschen Schmerzen habe.  Eigentlich hätte ich wirklich ein wenig arbeiten müssen. Aber es ging schlicht nicht. Ich hatte keine Kraft.

Gestern. Heute ging es mir besser. Dat Trulla war mit Schmerzmittel im Zaum zu halten, Halsschmerztabletten und Tee taten etwas für den Hals und freie Zeit nur für mich tat das ihre für die Seele.

Es sind meine Momente. Und nicht, dass ich das nicht gewusst hätte. Aber manchmal braucht es auch die Momente, die einem ins Gedächtnis schleudern, dass man seine eigene Zeit für andere opfert oder hingibt ohne dass sich einer von den anderen einmal bedankt.

Deshalb sollte man sich sorgfältig aussuchen, was man mit seiner Zeit macht. Sie nicht in eine Spaßaktion nach der nächsten umsetzen und mit ihr hadern, weil man nicht weiß, wie lange das Depot hält. Oder der eigene Körper mitmacht. Nur so am Rande. Ich glaube auch, dass es wenig Sinn  macht, ständig darüber nachzusinnen, wie lange es wohl noch geht.

Ich glaube vielmehr, dass es sinnvoller ist, seine Zeit so zu gestalten, wie es in dem Moment, den wir gerade erleben, möglich ist. Sie zu genießen und nicht ständig gierig nach Erlebnissen zu jagen, sondern bewusst zu leben und Spaß zu haben mit dem, was gerade da ist. Dieser Gedanke ruft mir eine alte Dame ins Gedächtnis, die mal in meiner Kindheit zu mir sagte, als ich meckernd im Sandkasten das Fehlen einer Schaufel beklagte: "Kind, da ist so viel anderes Zeug, sei froh, dass du das hast und nimm eben das, was da ist!"

Dankbar dafür zu sein und sich dann Zeit zu nehmen, wenn es besonders stressig ist, um einen Moment inne zu halten und etwas zu tun, was nicht drin zu sein scheint. Nur um festzustellen, dass es dann doch möglich ist, sich diesen einen Moment zu nehmen, zu leben und sich selbst gut zu tun.

Für mich ist Zeit etwas, das ich kenne und auch wieder nicht. Ich weiß, ich habe schon ein Stück meiner Zeit verbraucht, aber was noch da ist? Keine Ahnung. Und ich glaube, langsam interessiert es mich auch nicht mehr wirklich. Weil ich keinen Einfluss darauf habe. Weil wir die Zeit nicht bestimmen können. Und ich glaube, das ist gut so ...

Nachdenklich ...
Birgit

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