Donnerstag, 11. Dezember 2014

Wir lassen uns dann mal knipsen!

Gestern war es soweit. Ehrlich gesagt, mulmig war mir schon gscheit, als ich beim Neuro aufschlug. Meine Erfahrungswerte sind bisher nicht besonders positiv ausgefallen und daher .... aber gut. Es gibt ein Thema, das mich nach wie vor beschäftigt, ich hab auch hier schon drüber geschrieben, es ist der Hirnschwund, der mit der MS einhergeht.

Und dazu wollte ich mehr und vor allem, was so gehen könnte ....
 Hirnschwund ist eine Sache, die echt krass ist. Zunächst trifft sie uns alle. Aber MS Patienten dann doch noch ein wenig heftiger.

Das erste Mal hörte ich vor ungefähr zwei Jahren davon, hatte dann die Gelegenheit, mich auf Kongressen näher mit dem Thema zu befassen und mit einigen Fachleuten dazu zu sprechen.
Und ich sag euch eins, es ist ein Thema, das mir so ein bisschen Angst macht. Wenns Oberstübchen nicht mehr gut arbeitet, was dann?
Deshalb beschloss ich, nachdem ich jetzt genug Wissen habe, dem auch bei meinem Neurologen nachzugehen. Der muss es ja wissen.

Was dieses Mal gut war ist, dass der Facharzt mir ein Ohr schenkte, was echt gut getan hat. Nicht nur druff auf die Frau, sondern ein Dialog, der wertschätzend und achtsam war. Was sicherlich geholfen hat war, dass ich mir vorher genau überlegt hatte, welche "Bedürfnisse" ich konkret äußern wollte.

Die habe ich dann im Gespräch auch sachlich vorgebracht und so anerkennendes Nicken geerntet. So nach dem Motto: Die Frau ist informiert und vorbereitet. Kann man mit reden. Gut so.

Was für mich heißt: Vorbereitet und informiert zum Facharzt bringts halt einfach doch. Nicht, dass ich es nicht gewusst hätte, aber es live zu erfahren, ist schon richtig gut. Ich kanns also nur empfehlen, sich ordentlich zu informieren, eigene Gedanken einzubringen, aber sachlich in der Fragestellung zu bleiben, dann kommts richtig an.

Was mir dieses Mal auch gefällt. Er hat nicht gleich den Rezeptblock gezückt, sondern zugehört und mit mir einen Plan gemacht. Und hey, das Feeling ist echt neu für mich. Der Doc spricht mit mir. Und lässt mich entscheiden. Kannte ich bisher so nicht. Bisher war es eher immer eine Diskussion, die eher an einen Ringkampf erinnerte. Ich hab mich gefreut.

Unser Plan ist: Trulla und ich müssen in die Röhre. Das Fräulein freuts, sie ist das Modell und kriegt eine ganze Kopf MRT Serie, während ich schwitzend und leicht platzängstlich durchs MRT muss.

Danach setzen wir uns wieder zusammen. Was gut ist.

Was mich gestern gestört hat ist: Dass das Thema Hirnschwund auch in diesem Fall wieder nur am Rande eine Rolle spielt und ich frage mich, wieso. Wir haben "Year of the brain", das Thema "Hirnschwund" und kognitive Fähigkeiten wird wirklich nicht wenig im Netz besprochen und es wird versucht, mehr Bewusstsein dafür zu erzeugen, aber auch in dem Gespräch gings irgendwie unter. Etwas, das ich nicht gut finde oder muss einem die Zentrale im Kopf egal sein?

Das muss ich noch rausfinden. Und da lasse ich auch nicht locker.
Ich bin zwar mit Sport, ständigem Lernen, bewusstem Leben und speziellen Übungen für die kognitiven Fähigkeiten (z. B. Wahrnehmung, Organisation, Planung, Gedächtnis) ganz gut dabei, aber der Medizinmann muss da nochmal ran.

Sonst: Na ja, einigermaßen geknickt war ich dann doch. Es sind die Momente, in denen mir die Multiple Sklerose wie ein Zombie aus der Geisterbahn hämisch ins Gesicht grinst und mir sagt, dass sie da ist und bis heute nicht heilbar ist. Dann kostet es mich immer ein bisschen mehr Kraft, aufzustehen, den Mittelfinger auszufahren und dem Zombie ins Gesicht zu sagen, dass er mich von hinten angucken kann. Dann ist das Weitergehen für einen Moment ein Kraftakt.

Allerdings nur für einen Moment. Denn ich sehe nach wie vor nicht ein, dass Fräulein Trulla hier die Chefin wird. Ganz im Gegenteil.

Mir ist auch klar, dass das MRT nicht wirklich viel Gutes zu Tage fördern wird. Ich gehe davon aus, dass sich neue Herde zeigen werden.
Aber danach habe ich bereits einen weiteren Gesprächstermin und das hilft mir im Moment, damit fertig zu werden. Bis dahin besorge ich mir noch einmal Infos, lege mir eine neue Strategie mit neuen, konkreten Fragen zurecht und werde auch das Thema Hirnschwund wieder ansprechen.

Bis dahin tue ich mir noch einen Moment selbst ein bisschen leid, was heißt, ein bisschen Schokolade, ein gutes Buch und Weihnachtserledigungen, spannende Projektarbeit für nächstes Jahr und Zeit mit dem Herzblatt.

Gehts Euch gut?

Liebe Grüße
Birgit


1 Kommentar:

  1. Liebe Birgit,

    ich musste mich mit dem Thema "Gehirnschwund" im Rahmen der Alzheimer-Diagnose eines nahen Angehörigen auseinandersetzen. Eine Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) war in dem Fall wegen des Herzschrittmachers nicht möglich. Also kam "nur" eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) in Frage (gegen die die Krankenkasse wegen der höheren Kosten protestierte). Bei einer PET wird eine leicht radioaktive Zuckerlösung intravenös injiziert, und nach ca. einer halben Stunde kann dann der "Zuckerstoffwechsel" im Gehirn mittels Tomographie verfolgt werden. Areale im Gehirn, in denen kein Zuckerstoffwechsel mehr stattfindet, bleiben dunkel, die noch "aktiven" Areale können farbig dargestellt werden.
    Das Ergebnis war niederschmetternd: Das gesamte Vorderhirn des Patienten blieb dunkel. Also Alzheimer im fortgeschrittenen Stadium...
    Worüber ich eigentlich berichten will: Die völlig hilflose Reaktion des untersuchenden Arztes, also des Radiologie-Profs. Auf die verzweifelten Fragen des Patienten beim Anblick der Tomographie-Aufnahmen, was man da noch machen könne, zuckte der Radiologe nur hilflos mit den Achseln. Er war nicht in der Lage, ein tröstendes oder auch nur sachlich-informatives Gespräch zu führen -- nur Achselzucken, buchstäblich...
    Also: Die sog. "hilflosen Helfer" müssten besser geschult werden in der sog. "sprechenden Medizin".
    Wie Birgit sagt, die Patienten werden immer informierter und können durchaus mit dem Arzt ein Gespräch "auf Augenhöhe" führen. Darauf sollten sich die Mediziner besser vorbereiten.

    Herzliche Grüße,
    Jutta.

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