Dienstag, 27. Januar 2015

Ich glaubs schlicht nicht ...

Ok, lasst uns aufdröseln.

Letzte Woche, als ich in London darüber sprach, wie Patienten Social Media nutzten (was übrigens genialst war) und Fragen dazu beantwortete, feierte ich 10 Jahre Leben mit MS.



Mein Publikum war sehr interessiert und viele davon waren erstaunt darüber, dass ich noch auf zwei Beinen stehe. Was ich tue. Gut, nicht mehr auf hohen Schuhen, aber ich stehe noch. Ein Teilnehmer kam auf mich zu und meinte, ich wäre ein medizinisches Wunder. Er habe sehr lange für eine MS Organisation gearbeitet und ich wäre eine Seltenheit. Oder so. Und er fragte mich, woran es liegen könne und welche Therapie ich mache.

Mit einem Grinsen teilte ich ihm mit, dass ich schon länger auf eine Therapie verzichte, bewusst lebe, Spaß daran habe, was ich mache (love my Job), eine wirklich tolle Ehe führe und einfach dankbar für das bin, was da ist. Und dass ich Sport mache und versuche, fit zu bleiben, geistig (wir erinnern uns an Hirnschwund!) und körperlich.

Das hat den guten Mann baff erstaunt. :-)
Für mich ist das eher normal, allerdings, gestern und auch heute bin ich baff erstaunt.

Gestern waren dat Trulla und ich endlich beim Knipsen. Sprich im Kernspind (auch MRT = Magnet Resonanz Therapie genannt).

Und ich hatte gewaltig Schiss. Nicht unbedingt vor der Diagnose der Docs, da habe ich einen gewissen Zweckpessimismus entwickelt. Ich ging nämlich davon aus, dass der mir sagt, dass die MS sich weiter entwickelt hat, dass es neue Herde gibt und die MS sich ihren Weg bahnt. Mir war das sowas von klar. Dachte ich. Und war in dem Thema echt entspannt.

Es war die Röhre, die mir echt Angst einjagt, denn da ohne Bewegungsmöglichkeit still liegen zu müssen und zu wissen, dass ich keinen Fluchtweg ausser einem Bällchen habe, dass das Gerät stoppt und mich aus der Röhre fährt, das ist schwierig für mich, die etwas klaustrophobisch ist.

Aber ich habs überstanden. Ohne Beruhigungsmittel, die vorbereitet waren, für den Fall dass .....

Wir fuhren also durch. Die wirklich liebe Assistentin sagte mir immer die Minuten an und so ging es ganz gut. Ich hatte das Gefühl, dass da jemand ist und das war ganz ok für mich.
Gerührt und geschüttelt kam ich dann die Wartezone zurück, bevor der Doc zum ersten Überblick kam.(Herzblatt war dabei und ging jeden Schritt mit mir, was echt gut getan hat und ich liebe ihn umso mehr dafür!)

Wir saßen also im Vorraum zum Lungenröntgen, denn selbst in viereinhalb Jahren, in denen ich nicht da war, hats keiner geschafft, einen kleinen Raum für Patientengespräche abzutrennen im Krankenhaus in Kelheim.

Nein, man sitzt im Vorraum zum Lungenröntgen oder so und dort ist es fensterlos, dunkel, kalt und nur kalte Neonröhren beleuchten die Szene. Etwas, was ich übel finde.


Stelle man sich vor, ein Patient bekommt da schlechte Nachrichten. Da kannste nicht mal in Ruhe abheulen, weil alles mehr oder weniger offen ist. Mal abgesehen davon, dass man über private Daten spricht, die ja nicht jeder mitbekommen muss oder?

Falls also jemand aus dem Kelheimer Krankenhaus das liest, hey, so ein kleiner Raum für Patienten könnte wirklich gut tun und wirkt sicherlich positiver, wenn man da ist. Es schafft schlicht Vertrauen und das ist doch wirklich wichtig für Ärzte oder?

So, kommen wir zu meinem Gespräch.
Zunächst fragte mich der Doc, ob ich derzeit Beschwerden wie Schübe hätte. Ok, ein bisschen Symptome hab ich ab und an, meine linke Hand kribbelt manchmal, aber sonst eher weniger.
Ich fragte mich schon, warum er das fragte. Interesse? Höflichkeit?
Nö, ganz und gar nicht.
Er meinte, das bestätigt das MRT auch. Und jetzt, ich glaubs kaum: Die MS ist in den letzten Jahren nicht fortgeschritten. Keine Verschlechterung.

Während ich sprachlos da saß und den Mediziner fragte, ob er mir das noch genauer erläutern könne, knuffte mich das Herzblatt strahlend in die Seite.

Jetzt bin ich gespannt, was der Neuro dazu sagt. Er prophezeite mir "Matsch im Hirn" in drei Jahren, die ich ohnehin schon längst überschritten habe. Das werde ich ihm gepflegt um die Ohren hauen, das könnt ihr mir glauben, wir sehen uns in Kürze. :-) Und ich werde es genießen. So!

Aber glauben kann ich das alles noch nicht wirklich ..... bin ich jetzt ein Wunder? Oder hilft gutes Leben auch schon? Oder hab ich einfach nur mal Glück mit dat Trulla? Ich weiß es nicht. Ich weiß eigentlich nur, dass ich froh und dankbar für diese Erstinfo bin und jetzt mal noch den endgültigen Bescheid abwarte. Weil wie gesagt, so ganz glauben kann ich diese Aussage noch nicht.... :-)

Leicht durch den Wind Grüße
Birgit

9 Kommentare:

  1. Herzlichen Glückwunsch! Ich freue mich über Dein gutes Untersuchungsergebnis.
    Die Medizin ist eben keine der exakten Wissenschaften und Prognosen sind u. a. schwer, weil jeder Mensch anders ist.
    Deine couragierte Art, mit MS umzugehen, wirkt sich sicher aus auf die Krankheit selbst aus, ähnlich wie Rückkopplung.
    Ich lese Dich seit einigen Jahren, mach weiter so, und nur Gutes für Dich und Herzblatt.

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    1. Vielen Dank! Fürs Lesen, fürs Dasein und nicht zuletzt für die guten Wünsche! Und gut, dass die Medizin nicht immer exakt ist. Dann passiert eben sowas Gutes auch mal. Und langsam realisiere ich es sogar. Liebe Grüße, Birgit

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  2. Liebe Birgit,

    wie schön! Ich freu' mich sehr für Dich! Und Deinen Wunsch nach einem "ansprechenden Besprechungsraum" in der Goldbergklinik hab' ich schon weitergeleitet...
    Liebe Grüße,
    Jutta.

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    1. Liebe Jutta, ganz lieben Dank. Erinnerst du dich noch an vor viereinhalb Jahren? Da habe ich diese fiese Situation in Sachen Nachgespräch schon mal bemängelt und du hattest es weiter geleitet. Da sieht man, was da getan wird. Gut, dass es Menschen wie dich gibt, die einfach weiterleiten! Ich drück uns die Daumen, dass es dieses Mal mit einem kleinen, abgeschlossenen Raum klappt! Liebe Grüße, Birgit

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    2. Liebe Birgit,

      Deine Anregung für den Besprechungsraum ist an die Klinikdirektion weitergeleitet worden, schrieb man mir. Hoffen wir, mit mehr Erfolg als vor vier Jahren!
      Liebe Grüße,
      Jutta.

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    3. Liebe Jutta,
      vielen Dank, allerdings es gibt auch was Neues: Privatkassenpatienten dürfen sehr wohl in das Zimmer, in dem der Arzt sitzt. Offenbar macht man hier in Sachen Diagnosemitteilung und Datenschutz auch einen Unterschied zwischen Patienten der GKV und PK. Was ich echt übel finde. Aber gut, ich bin gespannt!
      Liebe Grüße,
      Birgit

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  3. Ich kenne dich zwar nicht und lese hier zum ersten Mal vorbei..
    Aber ich habe mich gerade mit dir gefreut und dank deinem tollen Schreibstil sehr mit dir mitgefühlt. Ich lasse einen gedrückten Daumen da, dass die positiven Nachrichten stets überwiegen werden!

    Liebe Grüsse

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  4. Grins, vielen Dank für die gedrückten Daumen, die können nie schaden! Und danke auch für dein Kompliment. Komm einfach wieder! Ich freu mich! Liebe Grüße, Birgit

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  5. Hi Birgit, ich freue mich ebenso riesig für Dich!! Dein Blog reißt mit!! Und finde das bestätigt mal wieder, dass man nicht nur Krankheiten behandeln sollte, sondern die Seele genauso mit! -- Das mit der Rückkoppelung... da ist schon was Wahres dran! Warum sollen nur Krankheiten psychosomatischer Natur sein? Die Wiederherstellung eines gesundeten Körpers kann auch psychosomatischer Natur sein... der Mensch denkt oft nur in eine Richtung und fokussiert sich zu oft nur aufs Negative... manchmal bringt eine gesunde (no pun intended) Portion Optimismus doch mehr als man denkt. UNd manchmal ist sogar eine gewisse Prise - ich nenne es jetzt mal so - Naivität und "stubbornness", dass es eben TROTZDEM gut laufen kann, das A & O!!!! Das was man denkt, das ist man! Ganz einfach! Man muss sich nur selbst davon überzeugen und sich nicht runterziehen lassen von Leuten, die das nicht begreifen möchten und haben. Wozu? Entweder lassen sich solche Menschen von Deinem Elan & Deiner Zuversicht sowie Lebensfreude mitreißen oder - let them be miserable (deren Entscheidung) :-))))

    Weiterhin nur Gutes für Dich!
    Alles : Liebe!

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