Donnerstag, 23. Mai 2019

Das mit dem Alter ... Menopausenfollowern und so ...

Das hat jetzt wenig mit MS zu tun, da bin ich ehrlich. Oder doch? Ich weiß es ehrlich gesagt, gar nicht so genau!

Aber lasst uns über das Alter reden, weil in meiner Umgebung im Moment so viele über das Alter reden. Ich frage mich, ist das ein Trend, eine Tendenz oder gerade die Zeit für Alter. Weil ich neuerdings immer mehr Accounts in meinen Follower- und Fans entdecke, die mit mir unbedingt über die Menopause sprechen wollen.
Das mal gleich: Ich kratze vielleicht dran, aber soweit sind wir erst mal noch nicht. Gell? ;-)
Für mich ist das Leben wie ein Buch. Du kommst auf die Welt, das Buch ist leer. Tausende leere Blätter füllen sich im Laufe des Lebens mit dem, was eben in einem Leben passiert. Und das Buch kann zum fetten Wälzer werden, mit vielen Kapiteln und zahlreichen Weisheiten. Man könnte es als eine Art Reisetagebuch bezeichnen. Jedes Jahr bringt neue Erlebnisse, Wissen und Erkenntnisse mit sich.

Als ich 20 war, konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, dass ich mal über die 30 oder gar die 40 kommen würde. Das Leben lag vor mir, es war verlockend, bunt und aufregend. Ich war jung, mein Körper straff und von ersten Dellen im Leben oder woanders war keine Spur. Mein Buch war spritzig, bunt, hatte wenig Handlung und noch keinen Strang, der bestimmte, wohin die Handlung weiter führen sollte.

Beim 30. fragte ich mich, ob ich jetzt eine Krise bekommen sollte. Das Herzblatt hatte eine, er war zwei Jahre davor 30 geworden und war extrem unentspannt zu diesem Tag. Ich saß also da und überlegte, ob es Zeit dafür wäre, die aufgetauchten ersten Dellen im Leben zum Anlass für Krisendenken zu nehmen oder es zu lassen. Ich verwarf das, genoss meinen Geburtstag, hatte Spaß und freute mich des Lebens.

Drei Jahre später kam es dick. Seit dieser Zeit habe ich ein Sternenkind und ein Jahr darauf kam das Fräulein Trulla in mein Leben.

Zuerst war es zuviel, es war dramatisch und mein Buch füllte sich rapide, die Handlung galoppierte im Rausch dahin und würde man es lesen können, es wäre eine wahre Tragödie .....

Was dann passierte? Zuerst explodierte mein Leben. Es flog mir zerfetzt um die Ohren und ließ sich nicht mehr zusammen setzen. Alles war anders. Das Fräulein Trulla drang gewaltsam dort ein, wo ich es nicht wollte. In mein Leben. Zugegeben, ich haderte einige Tage damit und war mir nicht sicher, wie als ich jetzt überhaupt werden würde. Alles war Drama und das durfte für den Moment auch so sein. Ich glaube, ich brauche eine kurze Runde Drama, bevor ich loslege und mir Wege suche und meine innere Widerstandskraft ordentlich die Führung übernimmt. Im Drama nimmt meine innere Kampflust das Ruder in die Hand, bring mich zum Aufstehen und lässt mich weiter machen.
Bis ich 35 war, hatte ich das wieder im Griff. Das Drama war weg, Trulla war da und ich lebte noch. Ich hatte alles umgekrempelt, quasi mein eigenes, inneres Haus renoviert, mich verabschiedet von Menschen, die bis heute nicht kapieren, dass MS weder ansteckend noch schädlich für sie ist und von denen, die mir wirklich dumme Fragen stellten. Ich habe losgelassen, ausgemistet und mich neu orientiert. Prioritäten gesetzt. Mich quasi auf den Weg gemacht zu der, die ich heute bin.

Heute? Ich genieße noch die 40. Sie hat mich gelassener gemacht, entspannter in vielen Dingen. Die Dramaqueen kann ich aber immer nochund man schätzt mich auch nicht auf mein richtiges Alter, sondern wesentlich jünger. Muss an den Genen liegen oder daran, dass ich mich nicht alt fühle? Ich weiß es nicht. Allerdings muss ich drüber grinsen und freue mich über diese Einschätzung, sie sind ein tolles Kompliment. Und die Menopause ist noch in der Warteschleife. Obwohl wir alle wissen, es holt uns ein und es wird ein neues Kapitel, denn wie sich Fräulein Trulla mit Frau Menopause verhalten wird, werden wir dann sehen. Und auch, welches gewichtige Wörtchen ich dann noch mitreden und welche Maßnahmen ich ergreifen werde.

Früher war alt werden ein Graus, zumindest erzählten mir das diejenigen, die damals älter oder in dem Alter waren, in dem ich heute bin. Und noch heute gibt es so ganz schlaue Zeitgenossen, die wünschen einem zum Geburtstag alles gute und hauen dir "Na alte Frau" oder sonstiges um die Ohren und finden das unheimlich witzig. Dabei sind sie innerlich wesentlich älter als du selbst, obwohl sie jünger sind.
Ich finde solche "du wirst jetzt nicht mehr jünger" Sprüche abgenudelt und ausgelutscht. Sagen sie doch viel mehr über die Person, die sie bringt, als über einen selbst. In den letzten Jahren habe ich
viele ältere Menschen erlebt, die sich mit 30 zum alten Eisen zählten und mit 40 darüber nachdachten, was das Leben jetzt noch bringen soll. Ehrlich? Hab ich nie verstanden.

Ich lebe. Das ist gut. Ich habe MS. Auf die könnte ich gepflegt verzichten, aber ich habe den Weg, das Fräulein Trulla loszuwerden, noch nicht gefunden. Ich bin durch tiefe Täler gelatscht, habe Ozeane voller Tränen durchschwommen und bin aufgestanden, habe dem Leben mein dreckiges Grinsen geschenkt, mir den Staub von den Jeans geklopft und bin weiter.

Alt gefühlt habe ich mich nie. Werde ich glaube ich auch nicht. "Du denkst jung", sagte jemand neulich jemand zu mir. "Deshalb wirst du nie oder nicht so schnell alt!". Zumindest geistig, mein Körper wird das wahrscheinlich anders handhaben. Aber es zählt das, was man im Kopf hat. Und ich glaube, dass das, was man sich an innerer Haltung zulegt, durchaus nach außen sichtbar ist.
Mir ist aber auch klar, dass ich auch nie da sitzen und mit dem Leben oder meinem Alter hadern werde und darüber Klagelieder singe, was ich versäumt habe, weil ich nicht mutig genug oder entschlussfreudig war und davon kenne ich auch einige. Manchmal muss man den Arsch eben hoch kriegen, sich überwinden und es versuchen. Dann kann man natürlich scheitern, aber dann hab ich es wenigstens probiert.

Meine Entscheidung war und ist mir klar: Ich werde genießen und leben so gut ich kann. Es nehmen wie es kommt. Ändern kannste es ohnehin nicht wirklich. Aber versuchen, das Beste draus zu machen und was zu lernen. Das geht immer.

Das einzige, was mir die 4 genommen hat, ist die Geduld. Ich habe keine Zeit für TamTam, Drama und wiedergekäute Diskussionen, die ohnehin ohne Ziel oder Ergebnis enden. Ich habe auch keine Zeit mehr dafür, denen etwas wieder und wieder zu erklären, die man nicht überzeugen kann. Wie eben Menschen, die meinen MS ist ansteckend und ich wäre irre geworden. Oder die, die in ihrer Jammerecke sitzen, über alles klagen, aber besagte Schwungscheibe nicht hochkriegen und etwas ändern. Denen ist nicht zu helfen. Gut.

Und wenn ich etwas entschieden habe, dann mache ich das. Basta. Ich mein, ich mach ja eh nix, was ich vorher nicht durchdacht hätte. :-) Ich habe immer einen Plan, sogar Plan B. Nur für den Fall.




Ich bin bewusster geworden im Umgang mit mir selbst, sorge für mich und das mache ich wirklich gut. Hinter einem "Nein" kann ich mittlerweile stehen wie ein Fels und das Verstehen, dass ich so gut bin wie ich bin, ist mir ein wertvoller kleiner Schatz.
Irgendwann habe ich aufgehört, Regeln, die andere mir vorgeben, einfach so hinzunehmen, ich hinterfrage und wurde unbequem für so manche Zeitgenossen. Dafür braucht es etwas mehr Mut und Wissen und dieses Gefühl, das mir sagt, dass es mir durchaus erlaubt ist, etwas in Frage zu stellen oder nicht zu mögen. Ich habe das Angepasste verloren und wurde immer mehr ich.

Ehrlich? Ich mag mich. Magst du dich?

Bis dann und an alle, die sich zu viele Gedanken übers Alter machen: ist nur ne Nummer. Man ist so alt, wie man sich fühlt und wie man denkt. Auch mit 30 kann man alt sein und mit der Welt gram sein. Ob das aber Sinn macht ist die andere Frage ....

Fröhliche Grüße

Birgit



Bilder: Pixabay.com
Text: Birgit Bauer




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