Dienstag, 30. Juli 2019

Der Kuh Rhythmus! Oder was Kühe mit Achtsamkeit zu tun haben.


Das da sind Erna und Ihre Mädels. Ich traf sie neulich, als ich durchs Gebirge wanderte. Die Wanderung ist entlang eines Berges, man kommt nur hin, wenn man den Sessellift für den ersten Aufstieg nutzt und dann geht es einen schmalen Pfad dahin.

Über Wiesen, Kiefernhaine und über Kuhweiden. Dort wachsen Blümchen, Kräuter und es duftet nach Heu und Sommer. Idyllisch, denn auf diesen Pfaden findet man nicht so viele Menschen und man kann sein Tempo selbst bestimmen. Man wandert mir dem Takt der Natur und die Zeit bestimmt der Rhythmus der Kühe.


"Wie spät kann es wohl sein?" , frage ich Herzblatt.

"Muuuuuuuuuhhhhhhhhhh" dröhnt es um die Ecke, Glockengebimmel kündigt an, dass sich viele Kühe erheben oder in Bewegung setzen und schon steht man im Stau und wandert hinter Kühen her, mit denen man sich den Pfad teilt. Oder weicht Ihnen aus, weil man in der Gegenrichtung unterwegs ist.

"Es ist ziemlich um 13.00 Uhr", antwortet Herzblatt. Und ich checke das, weil ich dem Rhythmus der Kühe auf der Spur bin. Es stimmt. Es ist Mittagszeit und eben auch Zeit für den Weidewechsel.



Es war die Frage nach der Uhrzeit, die uns bei einer Wanderung drauf brachte:

Kühe haben einen eigenen Takt. Einen Tagesplan, der ihren Job ausmacht und den halten sie ein.
Am Morgen nach dem Melken gibt es einen Marsch, Leitkuh voran auf die Weiden, wo die Ladies grasen und futtern, sich diese komischen anderen Vierbeiner (Menschen mit Wanderstöcken) ansehen und sich wahrscheinlich so ihren Teil denken.

Sie stehen wie kleine Denkmäler da, kauen, schütteln Fliegen ab und geben sich in aller Ruhe ihrem Job hin. Leben. Gras futtern, Kräuter finden, sich ab und an zur Pause hinlegen und schauen. Sie scheinen ganz eins mit dem zu sein, was eben ihre Aufgabe ist und mit sich selbst. Zufrieden wird geguckt und die sanften Augen mit den teilweise irre langen Wimpern schauen sich das Geschehen an. Es ist keine Hektik, kein Chaos, aber eben ein Plan, ein ganz eigener Rhythmus der auch unsere Uhren in diesen Tagen gestellt hat.

Die großen Vierbeiner mit dem teilweise wirklich schick frisierten Pony sind die Ruhe selbst. Achten auf die anderen Herdenmitglieder und unterstützen die, die das erste Mal auf der Alm sind, dem Ruf der Leitkuh zu folgen, diemit einem dröhnenden Muuuhhhhhhhhh das Zeichen zum Aufbruch gibt. Alle kommen im eigenen Tempo mit. Schließlich sind sie alle auf dem Weg, die erfahrenen Kühe achten auf die jüngeren Kolleginnen und keine hat ein Problem damit, wenn die Nachbarin noch schnell ein besonders leckeres Kräutern mitnimmt.

Es ist 13.00 Uhr und der Rhythmus gibt jetzt den Verdauungsspaziergang mit anschließendem Ausruhen und Wiederkäuen auf der nächsten Weide vor. Gemächlich zieht die Karawane von dannen, bahnt sich majestätisch, ruhig und bestimmt den Weg und lässt sich auch nicht aus der Ruhe bringen. Die Leitkuh gibt den Takt vor und sie scheint genau zu wissen, wann es Zeit ist, den nächsten Schritt zu tun.

Achtsamer könnte ein Rhythmus nicht sein finde ich. Es ist wie die Öffnungszeit in einem Büro. Und Erna und ihre Kolleginnen achten darauf, dass es ihnen gut geht mit dem, was sie tun. Das konnte man erkennen. Eine Kuh schien nicht so ganz wohlauf zu sein und entsprechend kümmerten sich die anderen, damit sie mitkommen konnte. Sie sind gemeinsam unterwegs, helfen sich gegenseitig und achten aufeinander. Ein harmonisches Bild finde ich.

Was mich wirklich beeindruckt hat war, dass der Tag der Kühe, dieser eigene Rhythmus das Leben im Fluß hält. Schritt für Schritt wird abgearbeitet.

Etwas, das sich in unseren Leben nicht immer verwirklichen lässt, das ist klar. Allerdings gäbe es, wenn man genau hinschaut, oft genug die Gelegenheit, es im Kuh-Rhythmus angehen zu lassen. Öffnungszeiten bewähren sich da schon ab und an. ;-) Einen Teil habe ich schon länger adaptiert, die Mittagspause. In Ruhe essen, sich einen Moment Zeit nehmen und auch der Feierabend ist mir meistens heilig. Ich finde, wir haben es alle verdient, ab und an die Bremse zu treten, zurück zu treten und eine Pause zu machen. Es ist die Qualitätszeit, die wir alle benötigen um bei Kräften zu bleiben, das Leben nicht als einziges hektisches Drama zu sehen und auch um auf uns zu achten. Es ist wichtig, auf das zu hören, was uns unser Rhythmus vorgibt, um im eigenen Fluß zu bleiben und unsere Jobs, Verpflichtungen und andere Sachen so gut wie möglich zu machen.


Wenn sich also jeder ein Stück Kuh - Rhythmus mitnimmt und dem Kuhpfad folgt, achtsamer wird im täglichen Leben, ist das gut für alle. Wer sich die Auszeiten nimmt, die nötig sind und dazu ein Miteinander möglich macht, das nicht belehrt oder anderen statt Rat Schläge verpasst, dann hätten wir viel gewonnen.

Weniger Stress und Belastung, weniger Chaos und Mehraufwand.

Ich werde Ernas Ruf wieder mehr folgen. Ich hatte das, ehrlich gesagt, auch ein bisschen vergessen und habe im Urlaub bemerkt, wie wichtig mir dieser, mein eigener Takt, für mich und auch für meine Mitmenschen ist. Deshalb: Folge der Kuh von Weide zu Weide!

Muhende Grüße

Birgit




Bilder und Text: Birgit Bauer

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