Es war schwarz geworden. Gruselig. Ich konnte schlecht mit mir alleine sein und es fiel mir mehr als schwer, mit Freude zu arbeiten, an dem Freude zu haben, was ich sonst mache. Stricken, Lesen und meinen Job, den ich eigentlich sehr mag.
Ich funktionierte. Weil ich in dem Moment wo mich das Schwarz einholte schlecht nicht funktionieren konnte. Der Zeitpunkt war schlecht und ich muss fies grinsen während ich das schreibe, denn wann ist der Zeitpunkt in so einem Fall günstig? Nie.
Es war eine Herausforderung. Es war am Ende eine Depression und ich stand am Abgrund und drohte einen Moment lang tief zu fallen.
Ich schreibe das hier, jetzt und heute. Ich komme gerade aus der Badewanne und habe mir das Schwarz abgewaschen. Es in den Gully gespült mit einer ordentlichen Dosis Schaumbad. Und ich habe die ganze Zeit gedacht, ob ich drüber reden soll oder nicht. Aber warum nicht? Es ist so, wir alle haben diese Phasen, die einen mehr, die anderen weniger. Ein Grund dafür, darüber zu sprechen, äh, zu schreiben.
Depressionen sind ein weit verbreitetes Thema, ich denke, sie sind aktueller denn je, denn im vergangenen Jahr sah ich so viele Menschen mit MS darunter leiden. Gerade bei der MS sind sie eines der Symptome, die unsichtbar sind aber ich glaube neben Fatigue eines der schwierigsten überhaupt.
Dort, am Abgrund habe ich das gemerkt. Nicht fallen zu wollen ist das eine, aber es dann nicht zu tun, ist viel schwieriger. Es braucht Kraft und Unterstützung. Es ist eine Herausforderung, die man annehmen muss und sie zu bestehen erfordert ziemlich viel Kraft und Willensstärke, die in dem Fall bei mir noch da war. In dem Moment hatte ich diese eine Kraft, die Ihr alle mittlerweile kennt. Das Herzblatt. Er war, wie immer als Feuerwehrmann, alarmiert und zur rechten Zeit am richtigen Ort und zog mich zurück.
Packte mich in eine Wolke voller Liebe und kam mir in dem Moment auch nicht unbedingt zu nahe, denn er weiß, zu viel lässt mich flüchten. Ich kann dann zuviel nicht ertragen. Daher umkreist er mich, ist da und nimmt mich in den Arm, lässt mir aber den Freiraum das zu tun, was ich gerade tun kann. Den Rest übernimmt er. Dafür bin ich dankbar und froh.
In diesen Momenten ist es schwierig genug zu funktionieren, ich habe das mittlerweile aber auch drauf, lasse mir nur selten anmerken, was hinter meiner Kulisse abgeht. Zu schnell hat man einen fiesen Aufkleber von einigen am Latz kleben, der anderen sagt, dass man besser in Ruhe gelassen werden muss, weil man ein armes Hascherl und daher nicht leistungsfähig ist. Es ist ein Stigma, dem man erliegt und bevor man sich dem hingibt und auch ausliefert, macht man weiter. Abgesehen davon, dass die wenigsten damit umgehen können, wenn man ein "Warum" nicht beantworten kann und auch nicht weiß, was hilft. Schokolade ist es dann nicht. So schön das wäre. Aber so einfach ist es nicht. Wenn das Schwarz kommt, nimmt es einem auch die Kraft zu sagen, was geht oder was man will. Funktionieren ist dann leichter. Dann muss man wenigstens nicht erklären, was gerade passiert. Und entgeht erwähntem Stigma.
Die Rechnung bekommt man übrigens sofort. Dann ist es aus mit Stricken am Abend. Man ist dauererschöpft, spürt die MS stärker, hat Schmerzen und fährt mit dem Reservetank. Und hofft, dass man ankommt. Dort, wo es heller ist. Um Kraft zu tanken und Luft zu holen. Klare, kalte Luft, die erfrischt und belebt und die Sinne mitreißt. Weg vom Schwarz.
Seit heute bin ich zurück. Es ist heller geworden. Das Leben läuft leichter. Und Ideen fluten wieder durch meinen Geist und während ich das hier schreibe, flutet gute Musik mein Dasein. Ich habe mich diese Woche aufgeräumt. Geschaut, wo und was fehlt und mir Gedanken gemacht, was ich brauche, von was ich mehr brauche und von was weniger. Ich würde sagen, I am back, und ich werde euch wieder ordentlich aufmischen. ;-) Also keine Sorge um mich. Aber wir müssen drüber reden, offen und ehrlich. Depression ist keine Schande, kein Problem, keiner sucht sich das aus. Und dennoch glaubt man oft, sich dafür schämen zu müssen und da Leute, da müssen wir raus.
Ehrlich, kein Mensch braucht das Schwarz, die Depression. Es ist ein bisschen wie die MS, hat man das Zeug erst mal, wird man sie nicht los. Sie begleiten einen. Und man muss dann Pläne schmieden, die helfen aus dem Schwarz zu kommen, wenn man nicht drin ist. Mein Plan B ist der Rückzug so oft es geht. Es ist die Stille, die ich suche um mir selbst zuzuhören, mich wahrzunehmen und zu versuchen, eine Seilschaft mit dem Rest Ich zu gründen, das noch auf Rebellion gepolt ist. Denn auch die wohnt in mir und das ist gut so. Man sagt auch Resilienz dazu. Doch bis die durchdringt braucht es auch einen Moment.
Daher, wenn es dunkel wird, zu dunkel, sucht euch Personen, denen ihr Vertrauen könnt, die mit euch gehen können, euch den Weg zeigen und ihn erleuchten, bis ihr selbst wieder leuchten könnt. Sprecht mit diesen Personen, sagt ihnen was los ist und lasst euch helfen. In Zeiten wie diesen, in denen man nicht mal eben jemand erreichen kann, weil wir auf Abstand sind, ist das schwierig und so ein Plan B hilft dann ungemein. Aber versucht, Euch Hilfe zu holen und wenn es nur ein Tweet, ein Kommentar hier oder ein anderes Zeichen sind, da draußen sind Menschen, die helfen können und helfen werden. Und ich weiß, es ist auch eine Herausforderung, diesen Schritt zu tun, aber glaubt mir, es ist es wert, dieses Vertrauen aufzubringen und etwas zu sagen.Wie sagt ein #? #Thisisms und ja eines der Gesichter der MS, die traurig sind, verstörend und gemein. Aber wir müssen drüber reden, damit die Menschen verstehen was geht und das Stigma keine Chance mehr hat. Und schwarze Löcher sich gar nicht so auftun.
Wie gehts euch?
Liebe Grüße
Birgit
Text: Birgit Bauer, Manufaktur für Antworten UG
Bilder: Pixabay.com
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