Dienstag, 17. August 2021

Lösungen finden, statt Probleme kauen!

Im Moment lese ich viele Menschen auf Instagram, die gerade die Diagnose MS bekommen haben. Und viele andere, deren Leben mit MS sich gerade sehr verändert. Alles nicht nett, einfach oder angenehm. 

Weil das Leben für einen Moment still steht. Krass vollbremst. Und natürlich ist das Drama mehr oder weniger groß. Wir hadern, schimpfen, jammern, sind traurig und fragen uns, was da eigentlich passiert. Die Klagen sind groß, laut und tönen in die Welt hinaus. 

Um es provokant zu sagen, wir sind im "Mimimi" Modus. 

Und "MIMIMI" haben wir alle mal. Es ist ok, in dem Modus zu sein. Für eine Weile. Klar dürfen wir uns die üblichen Fragen nach dem Warum, dem Wem, dem Was, dem Wieso, dem Wer oder Wofür stellen. Das gehört dazu. Und die W-Fragen sind ohnehin wichtig, sie bestimmen unser Leben und werden von Journalisten oder auch wenn wir den Notruf anrufen immer gefragt. 

Aber eine Frage höre ich nur selten: "Wie geht es weiter?" 

Es ist für mich die Frage, die nach Lösungen sucht, nicht Probleme diskutiert

Der amerikanische Autor und Psychotherapeut Steve de Shazer hat einen Satz gesagt, der mir immer wieder über den Weg läuft.

"Das Reden über Probleme schafft Probleme, das Reden über Lösungen schafft Lösungen."

Ein Satz, der vielleicht ein wenig provokant sein könnte,  er lenkt einen fies vom Jammern ab. Vom Klagelied ins konstruktive und eher zielorientierte Denken zu kommen, ist eine Herausforderung. Ich weiß wovon ich schreibe. Am Anfang ging es mir auch nicht besser. Ich war traurig und am Klagen, Voll "Mimimi" Modus und das war ganz nett für ne Weile. Half aber nicht. Weil ich mich nicht mehr bewegt habe. Nicht handelte. 

Damit hatte ich auch keine Lösungen. Die musste ich mir erarbeiten, mich auf die Lösungsfindung konzentrieren und damit in eine neue Bahn wechseln. Und das ruckelt ordentlich am Anfang. Mein Problem damals war, dass ich umgeben war von Menschen, die auch gerne klagen. Also stimmten sie mit ein i und wir sangen, nein, klagten eine Weile im Chor. Das war nicht besonders hilfreich. Ganz im Gegenteil, es zog mich derbe nach unten. Wenn ich heute daran denke, ist mir klar, die suhlten sich auch in meinem Elend und schienen teilweise noch Spaß damit zu haben. Die einen mehr, die anderen weniger. Als ich aufstand und den Dreck abschüttelte und über begann laut über Lösungen nachzudenken, erschreckten die sich ordentlich. Die Lösungsdiskussion hat auch nicht jedem gefallen, aber langfristig betrachtet, und da kam meine Resilienz ins Spiel, war verweilen keine Option. Ich war zu jung, wollte weder ruhig sein, noch verharren. Warum? Ich war trotz MS da, ich bin trotz MS da und ich lebe, also geht da noch was. 

Die größte Hilfe damals war meine Psychologin, die mich auf die Lösungsseite schob und mit mir erkundete, was meine Lösungen sein könnten. Wie sie aussehen könnten und auch was mir gut tun würde. Es geht erst mal darum, überhaupt anzufangen über Lösungen zu sprechen. Herauszufinden was man tun kann, um aus dem "Mimimi" Modus zu kommen und ins Handeln zu gehen, in die Lösungsrichtung zu schauen und zu entdecken, was möglich ist. 

Eine Lösung ist übrigens, sich einen guten Coach oder auch eine Psychotherapie zu suchen und gemeinsam an der Lösung zu arbeiten. Konstruktiv zu sein, mit sich selbst und mit dem Leben. Anfangen es zu gestalten, mit MS und nicht einfach weiter zu machen, sondern aktiv das in die Hand zu nehmen, neugierig drauf zu schauen was da ist. Man kann ab und an ein bisschen naiv zu sein, weil es das auch braucht, weil man so auch Dinge anpackt, die man ganz vernünftig denkend nicht tun würde und dann aber auch nachsichtig und geduldig mit einem selbst zu sein, wenn es eben beim ersten Mal noch nicht klappt. Weil eben nicht immer alle Lösungswege die sind, die man gehen kann oder soll, sondern weil sie eher eine Umleitung sind, bis man das gelernt hat, was wichtig ist und erkennt, wo es hingeht. 

Vielleicht kommt das Thema auch heute auf, weil es mir so vorkommt, als würden wir immer mehr klagen als etwas zu lösen oder eine Lösung zu suchen. Vielleicht auch, weil wir ganz klar über MS reden müssen. Die Aufmerksamkeit ist nötig. Da stimme ich allen, die das sagen absolut zu. Aber müssen wir immer über unsere Probleme reden? Könnten wir nicht dazu übergehen, Lösungen für die Allgemeinheit anzubieten? 

Eine Lösung für die, die mit dem "Mimimi" konfrontiert werden wäre, den Menschen mit MS in den Arm zu nehmen, da zu sein, aber sich jeden "weisen" Spruch oder Rat zu verkneifen, sondern dafür zu sorgen, dass sich dieser Mensch dennoch aufgehoben fühlt. Schlaue Sprüche helfen nämlich auch nicht, sie tun oft sogar weh. Aber jemanden einfach so zu nehmen, wie er gerade kommt, ihn verweilen zu lassen und einfach wohlmeinend zu schweigen hilft. Es schafft Raum. Für Gedanken. 

Und oft sogar für schnelle und gute Lösungen, die man besprechen kann, die inspirieren und Wege aufzeigen können. Vielleicht nicht auf Anhieb die richtigen, aber genug Stoff um daraus Lösungen zu machen. 

Und das ist doch viel besser oder? 



Text: Birgit Bauer, Manufaktur für Antworten UG

Bilder: Pixabay.com 

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