Es gibt eine Impfung gegen das Ebstein Barr Virus (EBV). Gleichzeitig hat man herausgefunden, dass das EBV die Ursache für die Auslösung der MS ist.
Ich sag ja, der krasse heiße Scheiß oder?
Als ich durch die Medien surfte und mir das eine oder andere durchgelesen habe, begegneten mir:
- falsche Zahlen über MS
- das große Heilversprechen
- ziemlich falsche Falschinterpretationen
- und einige wenige, die realistisch blieben und für die ich dankbar bin.
Wir dröseln also auf.
Achtung: Update ganz unten. 10.05.2022
Es ist immer beeindruckend, wie solche Nachrichten entweder falsch und sensationsgeil ausgeschlachtet und dann on top noch falsch interpretiert werden und wie schnell man über Heilung nachdenkt. Egal ob Medienschaffende oder Normalverbraucher, nimmt der Zug Fahrt auf, ist er nicht zu stoppen.
Zur Klarstellung: Ich verstehe das Hoffen auf Heilung mehr als gut. Das Fräulein Trulla und ich sind derzeit keine guten Freunde. Leben mit MS ist eine schwierige Angelegenheit. Es fühlt sich an wie auf einem Vulkan und du weißt nicht, wann du in den Krater fällst. Die Hoffnung auf Heilung ist absolut verständlich. Der Ruf danach ist laut und wie oft hört man auch in diesem Zusammenhang nicht selten abstruse und völlig unsachliche, dazu nicht bewiesene Behauptungen.
Das ist unsachlich. Es hilft keinem sich diversen Hypothesen hinzugeben, die nicht bewiesen sind. Es ist destruktiv und zerstört die Stimmung und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Denn es löst in vielen Hoffnungslosigkeit, Aggression, oft Depression und nicht selten Stress aus. Ist das vielleicht hilfreich?
Ich denke nicht und ehrlich gesagt ärgert mich das ziemlich. Ab und an breitet sich das Gefühl in mir aus, dass sich keiner der Verantwortung bewusst ist, die beim Teilen von Inhalten entsteht. Dabei werden diese Informationen gelesen, gehört, gesehen und geglaubt. Ob sie richtig sind, hinterfragen die wenigsten.
Wir alle, egal ob Journalisten, Blogger, Instaleute und alle die etwas verbreiten haben hier Verantwortung zu übernehmen. Besonders wenn sie mit einer wirklich sensitiven Community wie der MS Community reden. Da gibt es die erfahrenen Teilnehmer aber eben auch die, die gerade aus der Diagnose kommen. Und wie werden die wohl denken? Ohne viel Wissen über MS?
Ihr merkt, ich bin heute am granteln, weil ich es nicht ok finde, eine sicherlich großartige Neuigkeit so unsachlich aufzupumpen und von Heilung zu sprechen, wie es gerade passiert.
Fakt ist:
- MS ist derzeit nicht heilbar. Aber mit Therapien in vielen Fällen beherrschbar. Ob man sich für oder gegen eine Therapie entscheidet, liegt an einem selbst. Es hilft auf jeden Fall sich gut zu informieren und zu fragen, wenn man etwas nicht versteht. Und zwar einen Experten. Im Bedarfsfall empfiehlt es sich auch, sich eine Zweitmeinung zu holen oder sich mit der Patientenorganisation, in dem Fall der DMSG in Verbindung zu setzen um für sich Klarheit zu erlangen. Am Ende ist es aber das Gespräch mit dem Mediziner und die eigene Entscheidung.
- In Deutschland leben 252.000 Menschen mit MS. Nicht 220.000 oder 240.000 wie es in den letzten Tagen bemerkt wurde. Eine gute Quelle ist übrigens der Atlas of MS von der MS International Federation
- Die Prävalenz für Deutschland ist 303. Das heißt, 303 Menschen von 100.000 haben MS. Das heißt auch, entgegen diverser Berichte in dieser Woche, dass MS keine seltene Erkrankung ist. Gerade in den letzten Jahren haben sich die Diagnosewege extrem beschleunigt und daher gibt es immer mehr Menschen mit MS. Übrigens, in Europa gilt eine Erkrankung als selten, wenn die Zahl der Erkrankten weniger als 1 in 2000 beträgt. (Quelle Eurordis)
- Wir wissen, dass es in der Vergangenheit viele Theorien gab, was die Ursache für MS ist. Die war und ist noch nicht bekannt. Forscher in aller Welt haben sich in Sachen Vitamin D Mangel, Genschäden, Viren als Auslöser oder auch Impfschäden in die Forschung begeben und die Sachen recherchiert.
Und jetzt kommen wir zum Epstein - Barr Virus, das ich nachfolgend als EBV bezeichne.
Eine Studie die im Fachmagazin "Science" publiziert wurde, bestärkt den Verdacht, dass MS durch das EBV ausgelöst werden kann.
Die Grundlage der Studie waren die Datensätze von 10 Mio. Angehörigen des US Militärs.
EBV gehört zur Familie der Herpesviren und erhöhte das MS Risiko bei US Soldaten um das 32-fache.
In dem Bericht wird auch erwähnt, dass eine Impfung gegen das EBV helfen könnte, eben nicht an MS zu erkranken und damit die Inzidenz (die Zahl der neu Diagnostizierten!!) zu senken.
Die vollständige Berichterstattung findet Ihr auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, die vertrauenswürdig ist.
Realistisch betrachtet:
Wir haben also das Wissen, dass es sein könnte, das die von Moderna entwickelte mRNA Impfung gegen das EBV auch dabei helfen könnte, dass jemand keine MS Diagnose bekommt, weil in dem Fall der Auslöser weg wäre.
Das heißt aber auch, wer MS schon hat, ist da außen vor. Weil er es eben schon hat. Es träfe also hauptsächlich eine Reduzierung der neuen Diagnosen. Heilbar ist MS, wie oft in diesem Zusammenhang bemerkt, noch lange nicht. Nur die Zahl der Patienten würde sich, sofern das alles eintrifft, reduzieren.
Der Wirkstoff ist jetzt in Phase I der klinischen Prüfung. Das bedeutet, dass der Wirkstoff nachdem er ausgiebig an Gewebeproben etc. getestet wurde, erstmalig an gesunden und freiwilligen Probanden getestet wird. Man will zum Beispiel herausfinden, ob der Wirkstoff verträglich ist und die Ergebnisse der Vorstudien bestätigt werden können. (Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt dazu gute Infos!)
Sämtliche Vermutungen sind im Konjunktiv II geschrieben. Das heißt in der deutschen Sprach auch die Möglichkeitsform. Hätte ich, dann täte ich und würde wahrscheinlich.
Umgekehrt: Nichts ist sicher. Es gibt einen Anhaltspunkt, der vielversprechend ist, der Anlass dazu gibt, Aktivitäten in der Forschung fortzusetzen und sich einen genaueren Überblick zu verschaffen.
Um aus der Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zu zitieren:
"„Vor dem Hintergrund dieser Daten gewinnt die Impfung gegen das EBV an Relevanz, gerade für gefährdetere Populationsgruppen. Frauen sind beispielsweise doppelt so häufig von MS betroffen wie Männer. Die Impfung gegen EBV könnte auch deshalb interessant und effizient sein, da sie womöglich nicht nur der MS, sondern auch verschiedenen Krebserkrankungen vorbeugt“, ergänzt Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN. Noch gibt es keinen zugelassenen EBV-Impfstoff, aber verschiedene Firmen arbeitet daran, u.a. auch das Unternehmen Moderna. Offene Fragen seien neben der Wirksamkeit und Sicherheit der EBV-Vakzine auch, wann und wie häufig eine Impfung erfolgen muss. Ebenso wichtig ist es, Kriterien für die Selektion von Menschen mit einem hohen MS-Risiko zu erarbeiten. „Der Weg zu einer Impfung gegen MS ist noch weit – und wenn ein Impfstoff zur Verfügung steht, bleibt ohnehin die Frage, wie hoch seine Akzeptanz in der Bevölkerung sein wird. Letztlich hat Corona eine sehr hohe Impfskepsis in der Bevölkerung offenbart.“
Die Pressemeldung findet Ihr hier: https://dgn.org/presse/pressemitteilungen/multiple-sklerose-durch-das-epstein-barr-virus-kommt-die-ms-impfung/
So da wir jetzt die Fakten betrachtet haben, möchte ich mal zusammenfassen:
Liebe Birgit,
AntwortenLöschenein sehr guter und informativer Artikel. Belegt mit Fakten, gut recherchiert und öffnet nun hoffentlich vielen Menschen die Augen, um Berichterstattung zu hinterfragen und nicht alles zu glauben wenn sensationell geile Schreiber, wie Journalisten etc unwissend und dumm etwas in die Welt hinausposaunen.
Wir sind eine starke Community aber haben Verantwortung schwächere und neu betroffenen Menschen mitzunehmen und nicht Hoffnung zu machen, die es vielleicht gar nicht gibt.
LG Caro