Montag, 9. Mai 2022

Durchschnaufen - die wichtige Pause von allem bei Reizüberflutung

Die letzten Wochen waren für mich unendlich anstrengend. Ich arbeite im Moment an vielen Projekten und das erfordert viel Kraft und Energie. 

Dazu nehme ich seit Januar mit Sport und gesünderer Ernährung gemeinsam mit dem Herzblatt ab. Das hat mich anfänglich auch vor eine große Umstellung katapultiert, ich hatte das echt nicht gedacht, aber vieles davon muss ich mit schultern und es war am Anfang eine zusätzliche Herausforderung für mich. Und die Kirsche auf der Torte ist im Moment die aktuelle Situation da draußen und drinnen in Social Media. 

Es ist eine totale Reizüberflutung und sie hat mich genervt. Und zwar so richtig.

Es kam soweit, dass ich beruflich das Notwendige tat, aber von den teilweise recht selbstdarstellerischen Superhelden und Extremexperten richtig genervt war. Mir fiel auf, je schlimmer die Situation in Sachen Corona und Ukraine wurde, desto dicker trugen viele auf. Es war eine Art übertriebene Positivität, die ich nicht mehr nachvollziehen konnte. Auch in Patientencommunities wurde es sichtbar. Es war seltsam, viele machten sich Sorgen um die Menschen, die jetzt, bedingt durch die Situation keinen Zugang mehr zu Ärzten, Medikamenten und regelmäßigen Tests hatten und andere jubilierten noch positiver und lauter, desto schlimmer es wurde. 

Um es so zu sagen, wir brauchen Positivität in Zeiten wie diesen, sie tut gut und hält uns auf einem gesunden Level. wenn sie wohldosiert kommt. Wir wissen, dass die Dosis das Gift macht, um den guten Paracelsus zu zitieren. Was mir aber oft fehlte war die Realität, authentische Auftritte, die eben diese fiesen Tage haben und die guten. Alles ist nicht immer eitel Sonnenschein. Sonst wäre das Leben schon recht seltsam. 

Im Moment fehlt mir die Idee, an was es liegt. Ich habe mit anderen drüber geredet und es kamen Gedanken, dass man eben dagegen anbrüllen müsste oder dass viele einfach keinen Plan haben, angemessen mit der Situation umzugehen. Was ist angemessen? Das wird wahrscheinlich x unterschiedliche Definitionen haben. Und ich will hier auch kein Faß aufmachen, was jetzt wie angemessen ist. Das muss jeder für sich entscheiden. Aber ich war, um es ganz ehrlich zu sagen, einen Moment einfach genervt. Von Diskussionen, zuviel vermeintlicher Cleverness, die sich oft als wenig clever und dafür oft auch als Neid oder Eifersucht entpuppte, von Argumenten, die ich nicht nachvollziehen konnte und von einem Aktionismus, der mir vorkam wie ein Hurrikan. Reizüberflutung pur. 


Ein Umstand, der meine Stimmung trübte und ins Depressive schickte und mir am Ende auch aufflammende Symptome beschert hat. Dazu kam, dass ich mich nicht mehr richtig konzentrieren konnte, ich schlief schlecht und war chronisch schlecht gelaunt. Mir ging es nicht gut. Und ich hab es lange mit mir herum getragen, weil ich erst einmal darüber nachdenken musste. Vor allem wollte ich zuerst eine Strategie finden, die mir half aus diesem seltsamen Modus zu kommen. Weil wenn du am Morgen Social Media aufmachst und sofort wieder zumachen willst, wie man eine Türe in Wut ordentlich zuknallt, dann ist das nicht richtig. Und wenn es einen nur runterzieht, schon gar nicht. 

Klar ist auch, MS und Stress sind keine Freunde, geht es einem seelisch nicht gut, ist das Tor für die MS mal ordentlich zuzuschlagen geöffnet und man riskiert ziemlich viel. Muss ja eigentlich nicht sein. 

Meine Strategie, wieder eine vernünftige Perspektive zu bekommen und auch meine digitale Arbeit machen zu können bestand aus einigen Punkten und ich folge ihr immer noch. 

1. Ausschalten

Ich bin nicht mehr ständig online. Ich teils mir anders ein. Wenn ich arbeite, sind die Emails aus und ich schotte mich mit leiser Musik ab. Alle Alerts sind still geschaltet und somit kriege ich die Konzentration auf den Job wieder hin. Und ich arbeite mit diesem Level auch nicht den ganzen Tag. Ich habe Wartelisten. Gerade wartet ein Statement darauf geschrieben zu werden, aber das hier ist gerade wichtiger. 

2. Prioritäten. 

So wichtig. Was ist wichtig? Das was andere da draußen dick auftragen und palavern oder ob sie sich streiten und digital beschimpfen oder ist es wichtig, dass ich weitermache, aber bitte friedlich, entspannt und kreativ? Ist es wichtiger, dass ich mein Leben lebe und eine vernünftige Meinung habe oder den anderen hinterher eiere weil die so cool aussehen? Was ist cool? 

3. Auszeiten am Abend, Runterkommen und Stricken

Ich knipse ab einem bestimmten Punkt schlicht alles aus. Mache bewusst die Türe zu und habe auf meinen Geräten eine Nachtpause, die spätestens um 20.00 Uhr beginnt. Dann habe ich genug Zeit um runterzufahren und, ja, hilft, wieder mehr zu stricken. Wir wissen alle lange, dass Handarbeiten uns helfen, uns zu beruhigen, zu entspannen und dafür zu sorgen, dass wir uns gedanklich umdrehen. 

4. Bewegung und das Grüne da draußen! 

Was mir auch hilft ist der Sport. Egal wie viel man schafft, es ist wichtig, dass man draußen war, frische Luft schnappt, sich bewegt und sich erdet. Geht auch super im Garten oder auf dem Balkon. Egal ob man einen Spaziergang macht oder etwas in die Erde setzt, das Tatsächliche der Natur ist es, die uns auf den Boden der Tatsachen zurück bringt. 

5. Überraschung! 

Ich, die im Yogakurs ständig Lachanfälle bekam und deswegen sogar mal rausflog, aber was kann ich für mein Kopfkino?, nähert sich dem Yoga an. Neues zu lernen hilft, die Perspektive zu verrücken und dafür zu sorgen, dass man auf ganz andere Dinge sieht und das Gehirn aus der digitalen Routine holt. 


Es gibt noch viel mehr. Andere Menschen, sich mit ihnen austauschen, oder einfach nur mal im Wald der Stille lauschen, die gar nicht so still ist. 

Am Ende ist es jedoch wichtig, die Balance zu halten, das Leben wieder in einen ruhigen Fluß zu bringen und der Reizüberflutung vorzubeugen und last, but not least, die wohl bekannteste Weisheit: Glaub nicht alles, was sie dir vorführen. Denn es ist oft genug eine bunte, schillernde Kulisse. Was dahinter ist, zeigt einem nicht jeder. 

Übrigens, vor einer Weile hat mich jemand aus der Patientenszene gefragt, wie authentisch ich bin und ob ich euch mein wahres Gesicht zeige. 

Nur um das klarzustellen, ich bin so wie ich bin. Niederbayrisch, manchmal chaotisch, aber immer ehrlich und gradeaus, pragmatisch und eine, die Mode mag, Sneakers liebt und gerne genießt. Ich nehme das Leben so wie es ist und versuche, das Beste draus zu machen. Ich mag Herausforderungen und wenn mir jemand ne Tür schlägt, finde ich woanders einen Durchschlupf. Aber so leicht unterkriegen kann man mich nicht. Und das, was ihr nicht wisst, meine BH Größe beispielsweise ;-) , müsst ihr nicht wissen. Was ich sagen will, es gibt eine private Seite und die bleibt privat. Alles andere ist Birgit live und zwar so wie es eben ist. 

Was macht Ihr gegen Reizüberflutung? 


Update 10.05.2022: 

Vielen Dank an alle, die Tipps gesendet haben und Feedback gaben. Ich habe mich sehr gefreut. Damit wir eine Sammlung bekommen, gibt es hier eine Zusammenfassung der Tipps und Tricks: 

- Ein Tipp für den Job: Geht zugegeben nicht immer, aber man kann es durchaus versuchen: Pausen in regelmäßigen Abständen, in denen Social Media aus und das Smartphone am Arbeitsplatz bleiben, wenn man sich 10 Minuten Pause gönnt. Das kann ein Kaffee sein, eine kurze Runde zum Verschnaufen raus in die frische Luft oder auch einige Seiten in einem Buch an einem anderen Platz. 

- Noch ein Tipps für den Job: Konzentriert arbeiten geht heutzutage gar nicht mehr. Daher haben sich einige neben dem Desktop auch das Notebook geschnappt und es zum reinen Arbeitsgerät umfunktioniert. Kein Internet, keine Emails, nur die üblichen Officeprogramme zum konzentriert arbeiten. Der Vorteil, man kann auch den Platz wechseln und sich eine ruhige Ecke suchen, um sich mal 2 Stunden konzentriert an eine Arbeit zu setzen. 

- Andere haben den Zugang ins Netz bis auf weiteres auf einen bestimmten Zeitrahmen limitiert. Zwei Stunden pro Tag und gut ist. Das geht jetzt bei mir nicht, weil ich eben für unsere Kunden online sein muss, aber auch hier geht viel. Indem man sich auf den Job beschränkt und keine "Haken" schlägt, um dort noch zu gucken und hier noch zu stöbern. 

- Newsletter und derlei abstellen. Jemand schrieb mir, dass es hilft, die vielen Newsletter, die man so erhält, mal konkret zu betrachten und zu sehen, was davon wirklich wichtig ist und die unwichtigen dann ganz schnell abzubestellen, um mehr Luft ins Emailpostfach zu bringen. Andere haben eine separate Emailadresse für sowas, was aber die Flut nicht eindämmt. 

- Der gefiel mir besonders: regelmäßige Treffen mit guten Freunden einplanen. Und einzige Regel, alles ist erlaubt aber wir reden weder über Nachrichten, noch über Social Media. Wir reden über uns, lachen zusammen, haben Spaß. 



Geerdete Grüße

Birgit 


Bilder: Pixabay.com

Text: Birgit Bauer c/o Manufaktur für Antworten UG



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